Deutscher Kaffeeverband: ab 2025 wird der Kaffee knapp

Kaffee könnte bald zu einem teuren Luxusgut werden. Das zumindest befürchtet die deutsche Kaffeebranche. Schuld daran könnte ein neues EU-Gesetz sein. Die Rede ist von der EU-Verordnung entwaldungsfreie Lieferketten. Die Regelung verlangt von Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde. Das gilt dabei nicht nur für Rohstoffe wie Kakao- oder Kaffeebohnen, auch bestimmte Folgeprodukte wie Schokolade, Leder oder Möbel sind erfasst. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen.

Für den Konsum von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Europäischen Union (EU) werden an anderen Orten der Welt Wälder gerodet. Bis zu 90 Prozent der globalen Entwaldung gehen laut der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) auf Rodungen für die Landwirtschaft zurück. Antriebsfaktor hierfür ist die große Nachfrage nach Rohstoffen wie Palmöl, Soja und Kakao in Konsumentenländern wie den USA, China und der EU. Für einen erfolgreichen internationalen Waldschutz müssen auch Agrarrohstoffe entwaldungs- und waldschädigungsfrei produziert werden.

Die EU hat daher eine rechtlich verbindliche Regelung beschlossen. Mit dem Ansatz verbindlicher, unternehmerischer Sorgfaltspflichten soll mit einer neuen EU-Verordnung das Ziel entwaldungsfrei hergestellter Produkte sichergestellt werden. Um den EU-Beitrag zur weltweiten Entwaldung und Waldschädigung zu minimieren sowie den EU-Beitrag zu Treibhausgasemissionen und zum weltweiten Verlust an biologischer Vielfalt zu verringern, dürfen künftig relevante Rohstoffe und Erzeugnisse nur noch dann in der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, wenn sie entwaldungsfrei sind, nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und für sie eine sogenannte Sorgfaltserklärung vorliegt. Und genau diese Erklärung ist der Knackpunkt, denn in vielen Fällen dürfte es schwierig sein sie in der geforderten Zeit, beziehungsweise überhaupt zu erbringen.

Die Kaffeebranche in Deutschland sieht die Kaffeeversorgung ab dem kommenden Jahr infolge einer neuen EU-Verordnung nicht mehr sicher gewährleistet. „Uns droht eine Unterversorgung auf dem deutschen und europäischen Markt. Die Preise für den dann noch verfügbaren Kaffee werden signifikant steigen“, teilte der Deutsche Kaffeeverband mit. Holger Preibisch, der Geschäftsführer des Kaffeeverbands, fordert, die Anwendung der EU-Regelung zu verschieben. Andernfalls seien weltweit Millionen Kaffeebauern in ihrer Existenz bedroht. Es geht um die im vergangenen Jahr in Kraft getretene und ab dem 30. Dezember anzuwendende EU-Regelung für entwaldungsfreie Lieferketten. Am Freitag hatte bereits die „Lebensmittel Zeitung“ über die Sorgen des Verbands berichtet.

Der Kaffeeverband, der etwa 360 Unternehmen und Organisationen vertritt, befürwortet den Inhalt der Regelung nach eigenen Angaben zwar. Es sei jedoch nicht möglich, die erforderlichen Daten bis Ende 2024 vollständig bereitzustellen. „Derzeit erfüllen nur etwa 20 Prozent der Farmer die Anforderungen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Preibisch. Außerdem sei der bürokratische Aufwand erheblich. “Insbesondere den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Branche fällt es schwer, noch eine weitere bürokratische Belastung zu stemmen. Damit das überhaupt funktionieren kann, braucht es klare und praxisnahe Vorgaben für die Umsetzung in den Unternehmen sowie ausreichend Zeit, sich auf die zusätzlichen Anforderungen vorzubereiten. Beides lässt die EUDR bis heute vermissen”, so Olivier Kölsch, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).

Die EU weißt die Kritik von sich. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hieß es bei der Behörde, es seien keine Tatsachen bekannt, dass die Verordnung Lebensmittelpreise anheizen würde. Man rechne mit sehr begrenzten Auswirkungen auf die Preise der von der Verordnung abgedeckten Rohstoffe. Die Kommission hatte das Gesetz im November 2021 vorgeschlagen und dabei auch die Auswirkungen des Vorhabens untersucht. Die Untersuchung kam den Angaben zufolge zum Schluss, dass die Kosten, die den Unternehmen durch Vorschriften entstehen, deutlich geringer seien als die erwarteten Vorteile. Dazu zählen etwa Zugang zum EU-Markt und dass die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten steigt. Darüber hinaus gebe es insbesondere für Klein- und Kleinstunternehmen mehr Zeit, bis sie sich an das Gesetz halten müssten.

Die Kommission betont, die Unterstützung von Kleinbauern habe Priorität. Durch das Gesetz würden Erzeuger aus Drittländern nicht diskriminiert, es gebe keine versteckte Beschränkung des Handels. Johannes Dengler, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dallmayr Kaffee, spricht hingegen von einem „grotesken Verwaltungsaufwand“ für Unternehmen und Bauern. Die Regelung schneide Kleinbauern wie in Äthiopien absehbar vom europäischen Markt ab. Neben dem Lieferkettengesetz und dem Klimawandel gibt es also ein weiteres Problem, dass dafür sorgen könnte, dass der Kaffee bei und bald knapp, unerschwinglich oder beides wird. Dabei sind beide Gesetze, das Lieferkettengesetz als auch die EU-Verordnung entwaldungsfreie Lieferketten gut gemeint, könnten sich aber durch Risiken und Nebenwirkungen ins Gegenteil verkehren. Torben Erbrath, Geschäftsführer des Branchenverbandes Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), fordert mehr Zeit für die Umsetzung. „Wenn die Voraussetzungen für eine praktikable Umsetzung nicht gegeben sind, werden viele Rohstoffe aus Drittländern und die daraus hergestellten Produkte in der EU nicht verkehrsfähig sein“.

Bildrechte: Titelbild von Ilo auf Pixabay, Bild von Leonel Barreto auf Pixabay, Bild von Leonel Barreto auf Pixabay, Bild von Xuân Tuấn Anh Đặng auf Pixabay. Quellen: dpa, Handelsblatt, Deutscher Bauernverband, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, dfv Mediengruppe, Lebensmittel Zeitung.

17 Gedanken zu “Deutscher Kaffeeverband: ab 2025 wird der Kaffee knapp

  1. Das klingt ja alles gruselig und auch irgendwie vertraut. Der Bürokratiewahnsinn wird hier offenbar auf die Spitze getrieben und ist fern jeder Praktikabilität. Kritik weisen die EU-Institutionen dann auch gerne schnell und reflexartig von sich. Ärgerlich für uns EU-Verbraucher. Tragisch und existenzbedrohend für die kleinen Erzeuger.

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  2. Veränderungen sind oft schmerzhaft, aber wichtig. Alles so zu belassen, wie es ist, ist auf Dauer auch kein Weg. Wenn es die Pläne für eine solche Verordnung bereits seit 2021 gibt, gab es da nicht genügend Zeit, um sich „vorzubereiten“? Angenommen, man führt die neuen Regelungen statt nächstes Jahr irgendwann in fünf – oder sieben Jahren ein, wird die Zeit dann ausreichend sein? Ich denke nicht. Ich denke, egal zu welchem Zeitpunkt, es wird immer jemandem „zu schnell“ gehen. Wir werden sehen. Ein Szenario ohne Kaffee kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht sollten wir einfach abwarten und schauen, was passiert.

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