So trinkt man Kaffee in Spanien XXL

Sonne, Strand und Sangria! Eviva España! Das Sehnsuchtsziel der Deutschen ist Spanien. Das war es schon zu Zeiten meiner Kindheit, das ist es heute wieder. Laut Handelsblatt führt Spanien die Liste der Reiseziele an – gleich nach Urlaub daheim.  Auch laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR) ist kein anderes Land bei den Deutschen so beliebt als Urlaubsziel wie Spanien.

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Im Jahr 2023 reisten rund 75 Millionen Tourist:innen nach Spanien. In den Jahren 2020 und 2021 kam es aufgrund der Corona-Pandemie zu einem deutlichen Einbruch der Touristenankünfte in Spanien. Im Jahr 2023 wurde erstmals das Vor-Krisen-Niveau wieder erreicht und sogar leicht übertroffen. Da macht es auch nichts, das „Eviva España“ übersetzungstechnischer Unsinn ist. Hossa!

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Neben Sonne, Strand, Sangria, Tapas, Wein und Ballermann bleibt den Spanienbesuchern der Kaffee in Erinnerung. Kaffee zum Frühstück, Kaffee am Nachmittag, Kaffee am Abend, Kaffee ist in Spanien ein ständiger Begleiter. Grund genug uns in den nächsten Tagen die Welt spanischer Kaffeespezialitäten etwas genauer anzuschauen. Auch wenn es regionale Unterschiede gibt, so gibt es doch mehr Gemeinsamkeiten und das unabhängig davon, ob man auf den Balearen, den Kanaren oder auf dem Festland ist.

Café Solo und Café Americano

Schwarz, dampfend und aromatisch – der Café Solo ist der Dreh- und Angelpunkt der spanischen Kaffeekultur. Früher oft als Bezeichnung für einen kleinen Mokka verwendet, so ist der Café solo heute ein kleiner Schwarzer, ein Espresso. Es ist erstaunlich, wie viele gute Espressomaschinen heute in Spanien im Umlauf sind. Kein Wunder aber, wenn man bedenkt, dass Spanier genauso häufig ihren Café solo trinken, wie Italiener ihren Espresso.

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Beim Café americano handelt es sich um einen Café solo, der mit heißem Wasser gestreckt wird. Der Legende nach wurde dieses Getränk im Italien kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs erfunden. Angeblich war den amerikanischen GIs der Espresso zu stark und verdünnt mit heißem Wasser kam der „Americano“ dem Filterkaffee am nächsten. Auch, wenn das der am weitesten verbreitete Erfindungsmythos ist, gibt es begründete Zweifel an dieser Version.

So erwähnt bereits 1928 Somerset Maugham in seinem Spionage-Roman „Ashenden: The British Agent“ so ein Getränk. Dort heißt es im sechsten Kapitel „Dann nahm er einen Einspänner, der von einem kleinen, zotteligen Pony gezogen wurde, und ratterte über die Steine ​​zur Galleria zurück, wo er in der Kühle saß, einen Americano trank und die Leute betrachtete, die dort herumlungerten …“. Der Roman spielt in der Zeit des ersten Weltkrieges.

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Vorstellbar ist, dass amerikanische Soldaten schon während des ersten Weltkrieges mit dem ihnen zu starken Espresso in Berührung kamen. Möglich ist dann natürlich auch, dass während des Spanischen Bürgerkrieges die Amerikaner unter den Internationalistas – Hemingway lässt grüßen! – den verdünnten Espresso auf die spanische Halbinsel brachten. Klar ist aber, dass beim Eintreffen der GIs neun Jahre später der „Americano“ schon bekannt und eingeführt war.  Der Name ist jedenfalls in Italien wie in Spanien bis heute geblieben.

Auch, wenn die Zubereitung eigentlich denkbar einfach ist, ein Café solo mit heißem Wasser verdünnt, streiten sich Experten bis heute darüber, was zuerst in die Tasse kommt, der Espresso oder das heiße Wasser. Ich halte es da mit der Mehrheit: erst der Espresso, dann Wasser nach Geschmack. Aber jeder, wie er will. Übrigens: in manchen Gegenden verwendet man den Begriff „Americano“ auch für Filterkaffee, der allerdings in Spanien kaum verbreitet ist.

Café Cortado und Café con Leche

Eine Terrasse mit Blick auf das Meer im Morgenlicht. Die Wellen rauschen heran und tragen die Geräusche der ersten Badenden gedämpft bis zum Hotel. Dort gibt es gerade ein typisches spanisches Frühstück und der Duft von frischem Kaffee zieht einem in die Nase. Und schon steht er vor einem: der Milchkaffee.

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Diese oder ähnliche Erinnerungen dürften die meisten Spanienurlauber mit nach Hause bringen. Dabei ist Milchkaffee das morgendliche Standardgetränk der Spanier – ähnlich dem Caffè latte in Italien. Dabei werden zwei Heißgetränke unterschieden. Der Café cortado und der Café con leche.

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Der Café cortado – der verschnittene Kaffee – ist ein Café solo mit etwas leicht geschäumter Milch. Betonung auf leicht geschäumt, denn im Gegensatz zum Espresso macchiato soll die Milch zwar erhitz sein, aber nicht cremig. In Spanien wird der Café cortado in einem kleinen Espresso-Glas serviert. Alternativ geht natürlich auch eine Espresso-Tasse.

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Nimmt man ein größeres Glas, einen Café con solo und etwas mehr geschäumte Milch, dann bekommt man den Café con leche. Auch für das Frühstücks-Standard-Getränk der Spanier kann man entweder ein Kaffee-Glas oder eine Cappuccino-Tasse hernehmen. Manchmal bekommt man die heiße Milch auch separat in einem kleinen Kännchen. Wichtig ist, dass auch hier die heiße Milch flüssig bleibt.

Café Bombón und Café Cortado leche y leche

Wenn der herbe, aromatische Geschmack des dunkel gerösteten Café solo auf die Süße von Kondensmilch trifft oder sich Süße und Aroma an geschäumter Milch bricht, dann haben wir ein typisch spanisches Kaffee-Erlebnis. Spanische Röstungen sind vornehmlich dunkel, den Espressobohnen auf Sizilien vergleichbar. Das ergibt natürlich herbe und kräftig schmeckende Kaffees. Was liegt da näher, als eine süße Geschmacksrichtung hinzu zu fügen?

Ursprünglich kommt der Café bombón aus der Provinz Castellón, die wiederum Teil der autonomen Region Valencia ist und deren Hauptstadt Castellón de la Plana rein geografisch gesehen näher an Palma de Mallorca liegt, als an Barcelona oder gar Madrid. Für diese regionale Kaffeespezialität braucht man eine ruhige Hand, beziehungsweise einige – erlaubte! – Hilfsmittel. Zuerst kommt eine Schicht leche condensada, gezuckerte Kondensmilch, Milchmädchen tut es auch, in ein Kaffeeglas. Der Café solo kommt nun vorsichtig darüber, so dass sich die Schichten nicht mischen. Auf den Kanarischen Inseln wird eine Variante des Café bombón unter dem Namen „Café proprio“ zubereitet, wobei die etwas größere Portion „leche condensada“ mit einem „Café largo“, einem verlängerten Café solo aufgefüllt wird.

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Der Café bombón liefert auch die Grundlage für unseren Café cortado leche y leche, der besonders auf den Kanarischen Inseln und dort speziell auf La Palma verbreitet ist. Im Prinzip bekommt der Café bombón einfach noch einen Schuss geschäumter Milch. Hier darf sie auch mal cremig sein. Dann erhält man drei Schichten, von unten nach oben Kondensmilch, Kaffee, Milchschaum. Sieht nicht nur hübsch aus, ist auch lecker!

Café con Hielo und Café Helado

Es gibt ein Getränk, bei dem man ganz einfach die Spreu vom Weizen trennen kann. Denn es gibt zwei Gruppen von Kaffeetrinkern: die, die das Prozedere beherrschen und die, die nicht wissen wie es geht. Die Rede ist vom Café con hielo, dem Kaffee mit Eiswürfeln. In der Gegend von Valencia wird er auch als Café del tiempo bezeichnet. Normalerweise bekommt man einen Café solo in einem entsprechenden Gefäß und ein Glas mit Eiswürfeln.

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Zuerst wird der Kaffee nach belieben gezuckert. Dabei sollte man aber daran denken, dass sich die Süße durch die Kälte und das Verdünnen später abschwächt. Hat man genügend gesüßt und umgerührt gießt man den Kaffee über die Eiswürfel in das Glas. In guten Cafés oder Bars bekommt zusätzlich zum kleinen Espresso-Löffel noch einen zweiten, größeren Löffel, mit dem man Kaffee und die Eiswürfel im Glas gut umrühren kann. Der erfahrene, routinierte „Café-con-hielo“-Trinker, gießt dabei den Espresso elegant und mit Stil in das Glas voller Eis. Der Anfänger dagegen hinterlässt bei diesen Versuch in der Regel eine wahre Seeschlacht auf dem Tisch.

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Im Gegensatz zum Café con hielo ist der Café helado in der Regel das, was der deutsche Kaffeetrinker unter einem Kaffee mit Eis vermutet. Nämlich ein Café solo mit einer Kugel Vanilleeis, also ein spanischer Affogato. Es empfiehlt sich sicherheitshalber vorher nachzufragen. Eindeutiger ist Café granizado, der nun wirklich ein Eiskaffee ist.

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Café Viennese und Xocolata calenta

Für manche ist er doppelt gemoppelt, für andere ist er eine der leckersten Kaffeevariationen: der Café viennese. Dabei handelt es sich in aller Regel um einen Cappuccino mit einer kleinen Haube aus frischer Sahne gekrönt mit etwas Zimtpulver. Für Leute auf Diät ist das bestimmt nichts, für Feinschmecker und Schleckermäuler aber schon. Dabei ist es ein Erlebnis, wenn sich der heiße Cappuccino seine Bahn durch die kalte Sahne bricht…

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Gut, das nächste Getränk ist kein Kaffee. Trotzdem ist es bei Mallorca-Besuchen eine schöne Pflicht mindestens einmal eine Tasse Xocolata calenta, eine heiße Schokolade zu trinken, wie man sie zum Beispiel im Ca‘n Joan de S‘aigo bekommt. Mit unserem deutschen Kakao ist das aber kaum zu vergleichen, eher mit einem zu dünn geratenen Pudding. Das soll aber nicht despektierlich klingen, denn lecker ist die Xocolata allemal.

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Doch wie reproduziert man das heiße Schokoladenerlebnis zurück in Deutschland. Es geht tatsächlich recht einfach, man braucht nur die richtige Schokolade dazu. Zum Beispiel Schokolade „Taza“ von Valor. Man kann es sich denken: die ist speziell als Trinkschokolade geeignet.

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Zur Zubereitung einfach eine Anzahl Schokostückchen in der entsprechenden Menge heißer Milch unter Rühren auflösen. Allerdings muss man die Schokosuppe bevor sie anfängt zu Kochen unbedingt vom Feuer nehmen. Nun lässt man das Ganze noch einige Minuten stehen, rührt um und serviert. Schmeckt garantiert wie in Spanien!

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Spanish Coffee 43 und Barraquito

Kaffee mit Schuss heißt auf spanischem Boden Carajillo. Der Legende nach sollen spanische Kolonialsoldaten auf Kuba sich mit Kaffee mit Schnaps Mut angetrunken haben. Die einfachste Version ist ein Kaffee mit einem Schluck Brandy, in der komplizierteren Variante wir Zucker im Glas mit dem Alkohol verrührt, angezündet und mit einem Café solo aufgegossen. Als Dekoration werden Kaffeebohnen und ein Stück Zitronenschale ins Glas gegeben.

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Kenner bevorzugen aber die Variante „quemado“, das bedeutet so viel wie verbrannt. Brandy wird mit einem Stück Zitronenschale und einigen Kaffeebohnen mit der Dampfdüse der Espresso-Maschine erhitzt und dann angezündet. In der Flamme wird mit Hilfe eines Löffels Zucker karamellisiert und zugegeben. Letztendlich wird die noch brennende Mischung unter die Espresso-Maschine gestellt und mit einem Café sole gelöscht.

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Für die folgenden beiden Kaffeespezialitäten aus Spanien brauch man neben einer ruhigen Hand auch etwas Geschick. Oder etwas Bar-Erfahrung. Beim Spanish Coffee 43 wird etwas 43 – sprich : cuarenta y tres – in ein Glas gegeben, vorsichtig mit einem Café solo aufgegossen und mit einer Sahnehaube versehen. Zimtpulver drüber, fertig. Hat man alles richtig gemacht, so hat man drei verschiedene Schichten.

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Eine Schicht mehr hat der Barraquito, ein Kaffeedrink, der seine größte Verbreitung auf den Kanareninseln Teneriffa, La Palma und La Gomera hat. Zuerst fängt man mit der gesüßten Kondensmilch an, wie wir sie schon vom Café bombón kennen. Als nächstes eine Schicht mit dem 43-Likör. Darüber kommt ein Café solo und zum Schluss etwas Milchschaum. Wer sich mit dem Gießen schwer tut, der kann die verschiedenen Flüssigkeiten auch über einen Löffelrücken ins Glas gleiten lassen.

Espresso Azucar

Eine wirklich exotische, spanische Kaffeespezialität, die zwei typisch iberische Dinge in sich vereinigt: Kaffee und Karamell. Doch diese Spezialität wird nicht in der Kanne oder Tasse gezaubert, hier ist es bereits die Röstung, die aus einem gewöhnlichen Café solo einen Espresso Azucar macht.

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Azucar bedeutet erstmal Zucker, der durch Erhitzen zu Karamell wird, wie zum Beispiel als oberste Schicht auf der Crema Catalana. Erste Erwähnung findet die Crema Catalana bereits im Mittelalter in den Kochbüchern Libre de Sent Soví und Libre del Coch, weshalb sie zu den ältesten bekannten Nachspeisen Europas zählt und der ohne Karamellkruste undenkbar wäre.

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Auch beim Espresso Azucar geht nichts ohne Zucker, doch werden hier die Espressobohnen schon beim Rösten mit einer kleinen Schicht davon überzogen, also karamellisiert. Schon beim Öffnen der Verpackung kommt einem ein unnachahmliches Aroma entgegen, ein Aroma, dass sich nach dem Mahlen und der Kaffeezubereitung auch im endgültigen Getränk wiederfindet. Ein ganz besonderes spanisches Original…

Titel-Bild von Gordon Johnson auf Pixabay.

10 Gedanken zu “So trinkt man Kaffee in Spanien XXL

  1. Danke für die tolle Zusammenstellung! Barraquito hab ich mal zu Hause versucht, fand ich aufwändig und doch nicht so lecker wie im Urlaub 😉. Mein spanischer Lieblingscafé ist der Café cortado, oder wenn ich mehr Flüssigkeit haben möchte der Café con leche.

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  2. Hui. Ich nehm einen Americano. Oder nein, Café, also Espresso. Einen Doppio! –
    Was zuviel ist, ist zu viel. So viel verschiedene Zubereitungen. Und der Einspänner, Herr Maugham, ist doch auch ein Kaffee! Zumindest in Wien und Umgebung.
    Der Mann mit der berühmten Frage – „wie kommt weißes Pferd auf Marmelade?“ – könnte gleich noch nachhaken, was tut der Gaul vor dem Getränk?
    Aber in der Tat. Mir sind die einfachen, schwarzen am Liebsten. Also beim Kaffee. Bei Pferden zum Beispiel nehme ich es mit der Farbe nicht so genau. Das süße oder allgemein kalorienhaltige mag sich in der Beilage tummeln…

    Gefällt 3 Personen

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