Kretisches Kaffeetagebuch: Milia, das (beinahe) vergessene Dorf

Es gibt Orte, da ist schon fast der Weg das Ziel. So erging es uns mit Milia. Ein relativ unscheinbarer Wegweiser aus Holz im Tal könnte leicht übersehen werden, der Weg ab dort eine knapp vier Kilometer lange Schotterstraße, allerdings gut in Schuss und schon alleine einen Abstecher wert. Wir gleiten durch eine malerische Landschaft mit vielfältiger Flora und Fauna und kommen langsam immer höher und nach jeder Kurve ist Staunen angesagt über den traumhaften Blick über Hügel und Land bis ans Meer.

Aufmerksam bin ich geworden auf diesen Ort bei meinen Recherchen für diese Reise, doch war es uns nicht möglich hier ein Quartier zu buchen. Woran wir scheiterten erfahren wir gleich. Erst einmal folgen wir dem kurvenreichen Weg bis zu einem kleinen Parkplatz des Milia Mountain Ressort, denn Autos verkehren im Dorf nicht.

Milia ist eine Bergsiedlung aus dem 17. Jahrhundert. Viele Quellen über den Ort existieren nicht. Er war schon lange verlassen, als der Kreter Iakovos Tsourounakis eine Vision hatte. Und zusammen mit seinem Freund Giorgosem Makrakis machte er sich daran diesen Ort wieder zum Leben zu erwecken. Die Bewohner der Dörfer in der Umgebung hielten die beiden für verrückt aber harmlos. Aus diesen Ruinen wieder ein intaktes Dorf zu machen hielten sie aber für ein Hirngespinst.

Das Experiment begann im Jahr 1990. Die erste Phase der Arbeit dauerte fast drei Jahre. Die Revitalisierung dieses Ortes erfolgte mit großer Sorgfalt und basierte auf lokalen Materialien, die ursprünglich für den Bau dieser Häuser verwendet wurden. Infolgedessen wurden die Auswirkungen dieser Investition auf die lokale Umwelt erheblich reduziert. Ein Dutzend wunderschön restaurierte Steingebäude wurden für den Tourismus angepasst. Die kleinsten von ihnen sind kleine Steinhäuser, deren Gesamtfläche nicht mehr als 15 m² beträgt, in jedem von ihnen befindet sich jedoch ein modernes Badezimmer und ein Heizofen.

Steckdosen sucht man in den Unterkünften vergebens. Die eigenen Solaranlagen betreiben nur das elektrische Licht und die Küchengeräte im Haupthaus. Schlecht für „Urlauber“, die auf ihr Laptop nicht verzichten können. Außerdem gibt es Petroleumlampen. Die Heißwasserversorgung erfolgt über mit Holz geheizte Kessel und nur zu bestimmten Zeiten. Bewusst wurde auf die Annehmlichkeiten des modernen Lebens verzichtet. Abwasser wird gefiltert und dient zur Bewässerung von Gärten und Pflanzen.

Zentrum des ungewöhnlichen Feriendorfs ist das Gemeinschaftshaus, in dem sich auch das Restaurant befindet, in dem hervorragende traditionelle Gerichte serviert werden und in dem auch Tagesbesucher einkehren können. Hier gibt es kretische Spezialitäten aus eigenem Anbau und Produktion. Der Gedanke an Nachhaltigkeit spiegelt sich auch in der Gestaltung der Zimmer wider: einfache, traditionelle Einrichtung mit viel Holz und Naturstein, offene Kamine oder Holzöfen, dazu traditionelle kretische Möbel aus Holz. Einige von ihnen sind restaurierte Antiquitäten, die einst von Anwohnern genutzt wurden.

Das schattige, grüne Tal verleiht Milia eine einzigartige Atmosphäre. Schöne Steinhäuser, die durch enge Wege getrennt sind, grenzen an halb-wilde Gärten, die mit verschiedenen Pflanzen bewachsen sind. Viele davon sind typische kretische Kräuter. Umgeben von Bergen auf einer Höhe von etwa 500 m in einem riesigen Naturschutzgebiet, das in jahrelanger Arbeit aufgeforstet und mit mehr als 120 verschiedenen Pflanzenarten begrünt wurde. Idylle und Natur pur: die Stille wird nur vom Wind in den Bäumen, dem Rauschen des Bachs am Talgrund und den Läuten der Schafsglocken unterbrochen. 

Als wir eintreffen werden die Quartiere gerade für die nächste Saison hergerichtet. Deshalb konnten wir also nichts buchen. Das Milia Mountain Retreat hat schlicht noch nicht offen. Leider trifft das auch auf die Taverne zu. Und zu einer echten Bergwanderung konnte sich die Gruppe auch nicht durchringen. Weshalb wir diesen Ort unverrichteter Dinge wieder verließen. Aber schon alleine die Straße war diesen Besuch wert. Manchmal ist eben der Weg das Ziel.

Quellen: crete.pl/de, globetrottel.net, Radio Kreta, kreta.com, outdooractive.com, travelio.de.


2 Gedanken zu “Kretisches Kaffeetagebuch: Milia, das (beinahe) vergessene Dorf

  1. „Schlecht für Urlauber, die…“ …ihr Smartphone aufladen wollen 😦 Ansonsten klingt es wie ein Ort, in den ich mich verlieben könnte. Ruhe, Abgeschiedenheit, viel Wandern… und eine leistungsstarke Powerbank vorausgesetzt 😉

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