Der Versuch den eigenen Kaffeeverbrauch nachhaltig zu gestalten wirft erstmal einige Fragen auf: Wo fängt man an, wo hört man auf? Muss ich auf aromaverpackte Kaffees verzichten, auch wenn sie dabei an Geschmack einbüßen? Darf ich jetzt nur noch Bohnen mit Bio- oder Fairtrade-Siegel kaufen? Oder kann ich aufhören mir über Herkunft und Arbeitsbedingungen Gedanken zu machen, weil irgendwie doch jeder an sein Geld kommen wird?
Unsere Welt ist globaler, aber auch komplizierter geworden. Dennoch lohnt sich ein Blick auf gerade auf die Produkte, die vor allem aus ehemaligen Kolonien stammen. Diese typischen Kolonialwaren, wie Tee, Kaffee, Zucker oder Südfrüchte, können erheblich zum Wohlstand der produzierenden Länder beitragen – oder zu deren Ausbeutung. Ähnlich verhält es sich mit nachhaltiger Landwirtschaft und Umweltschutz. Rohstoffe können umweltverträglich gewonnen werden oder schlimmstenfalls zu Bodenerosion und Klimawandel extrem beitragen.

Werfen wir einmal einen kurzen Blick in unsere Kaffeetasse. Ist uns nicht viel wohler dabei, wenn wir wissen, dass unser Kaffee zu fairen Bedingungen erzeugt und gehandelt wurde? Schmeckt uns der Kaffee nicht besser, wenn wir wissen, dass wir mit unserem bewussten Einkauf ein kleines Stück dazu beitragen können, dass Familien ein Ein- und Auskommen haben, dass Kinder zur Schule gehen können und nicht schon im Jugendalter Vollzeit auf den Plantagen arbeiten müssen? Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass die meisten meiner Leser in diesem Punkt so denken wie ich. Um so unverständlicher der niedrige Anteil fair gehandelten Kaffees am Gesamtumsatz.
Erfreulich ist, dass der Kunde immer häufiger zu fair gehandelten Produkten greift. Die letzten verfügbaren Daten stammen aus dem Geschäftsjahr 2016. Damals erreichte der Faire Handel in Deutschland mit 1,3 Milliarden Euro zu Endverbraucherpreisen einen neuen Rekordumsatz und weist eine Steigerung von 14 % im Vergleich zum Vorjahr auf. Gegenüber 2012 verdoppelte sich der Umsatz. Das klingt nach viel, relativiert sich aber, wenn man sich die totalen Zahlen ansieht: Gut 16 Euro pro Kopf gaben deutsche Verbraucher im Jahr 2016 durchschnittlich für Lebensmittel und Handwerk aus Fairem Handel aus. Im EU-Vergleich liegt Deutschland damit zwei Euro vor Frankreich, bleibt jedoch deutlich hinter der Schweiz und dem Vereinigten Königreich zurück. Der Pro-Kopf-Verbrauch fair gehandelter Produkte in der Schweiz ist mehr als viermal so hoch wie in Deutschland.

Mit 36 % hat Kaffee den Löwenanteil am Markt der fair gehandelten Produkte und Rohstoffe, gefolgt von Südfrüchten, Blumen und Textilien. Dabei wuchs der Absatz von fair gehandeltem Kaffee 2016 um 22 % auf 20.014 Tonnen, davon 75 % bio-zertifiziert. Damit setzt das Lieblingsgetränk der Deutschen sein kontinuierliches Wachstum im Fairen Handel fort. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich der Umsatz mit fair gehandeltem Kaffee mehr als verdoppelt. In Deutschland werden jährlich 162 Liter Kaffee pro Kopf konsumiert, Tendenz steigend. Doch obwohl auch der Absatz von fair gehandeltem Röstkaffee kontinuierlich wächst, liegt dessen Anteil am gesamten Markt nur bei 4,4 %.
Verschwindend wenig, wenn man bedenkt, dass fair gehandelte Rohstoffe erheblich zum Reichtum des Erzeugerlandes beitragen – und damit zu Stabilität und Wachstum. Schauen wir uns die Spitzenreiter unter den Fairtrade-Kaffee produzierenden Ländern an, darunter Kolumbien, Brasilien und Peru, aber auch Mexico, Indonesien, Kenia und Äthiopien. Peru, Mexiko und Indonesien führen die Gruppe der Länder an, die den höchsten Anteil an Bio-Fairtrade-Kaffee in den Handel bringen. Weltweit profitieren über 800.000 Kleinbauern von gerechten und angemessen Preisen, davon mehr als die Hälfte in Lateinamerika und in der Karibik.

Bevor man sich Gedanken darüber macht, ob eine Kaffeeverpackung umweltverträglich ist oder nicht, sollte man dafür sorgen, dass der Inhalt sozial- und umweltverträglich ist. Klar, manche Kaffees werden in Aromapacks vertrieben. Das schützt vor allem den Geschmack. Wer das vermeiden will, der kann sich täglich frisch seine Bohnen bei einem Kaffeeröster seiner Wahl holen. Dabei ist ethisch lauteres Handeln noch nie so einfach geworden, wie heute: Bio- und Fairtrade-Siegel machen es so einfach wie nie zuvor. Dabei muss fair und umweltschonend Hergestellter deshalb nicht maßlos teuer sein oder anderen Sorten in Qualität und Geschmack unterliegen. Das Gegenteil ist der Fall: die Qualität liegt oftmals höher als bei Massenprodukten aus zum Teil minderwertigem Rohkaffee und der finanzielle Aderlass beim Kunden hält sich in erträglichen Grenzen.
Umsichtiger Kaffeekauf kann ein Stück zu einer bessere Welt beitragen. 800.000 Kleinbauern profitieren heute schon davon. Es liegt an uns deren Zahl signifikant zu vergrößern. Fangen wir jetzt damit an.

Bildrechte: Marco2811/Fotolia.de, obs/GEPA mbH/GEPA C. Nusch, Grafiken: Forum Fairer Handel, Quellen: Forum Fairer Handel, GEPA, Tchibo „Kaffee in Zahlen“, Fairtrade Deutschland, Deutscher Kaffeeverband.