Samiotisches Kaffeetagebuch II: das Ende vom Lied…

Einen Pfeil habe ich noch im Köcher: einen Teil der Stadtmauer des legendären Polykrates. Folgt man in Pythagorion der Straße Richtung Samos-Stadt, dann erscheint kurz nach dem Ortsende auf der linken Seite ein braunes Schild mit der Aufschrift „Ancient Fortification Walls“. Hier geht es nach links den Berg hoch. Die asphaltierte Straße wird zu einer Schotterpiste, von der man, kurz bevor es ins Tal hinunter geht, an einem verrosteten, unlesbaren Schild nach links abzweigt. Gerade, wenn man denkt, dass man sich verfahren hat, ist man fast da. Zwischen einer kleinen Kapelle und einem Silo geht der schmale, aber gut befahrbare Weg weiter, bis man nach etwa 150 Metern die Stadtmauern erreicht.

Um hinzukommen muss man natürlich ein fremdes Grundstück betreten. Damit habe ich ja inzwischen Erfahrung. Allerdings habe ich bei meinen zwei Besuchen hier keine Menschenseele angetroffen. Also keine lebende meine ich. Viel hinderlicher ist die Vegetation, die einen Zutritt an manchen Stellen unmöglich macht. Und auf der anderen Seite der Mauer ist gar kein Durchkommen mehr: dichtes Gestrüpp verhindert die Passage.

Die riesige Stadtmauer wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. auf Geheiß des Tyrannen Polykrates errichtet. Sie war 6 km lang, 4,5 m breit und 6 m hoch und hatte 12 Tore und 35 Türme. Sie umschloss die Hafenanlage, führte hoch zu dem gegenüberliegenden Hügel, verlief über den Kamm des Ampelos Berges und von dort aus wieder zurück zum Meer. Einige Überreste dieser gigantischen Mauer sind noch heute zu sehen, es wurde restauriert.

Einen Teil der Mauer haben wir ja schon auf dem Berg Kastelli besichtigt, wo die Akropolis des antiken Samos lag. Sie soll die gewaltigste Akropolis ihrer Zeit gewesen sein. Die heute sichtbaren Mauerreste stammen zum Teil noch aus der Zeit des Polykrates, sind also etwa 2.500 Jahre alt. Andere Mauerreste sind jüngeren Datums. Als die Athener Samos eroberten wurde die Mauer teilweise zerstört, um das Jahr 300 v.Chr. aber von den nach einem Edikt Alexanders des Großen in ihre Heimat zurückkehrten Samioten wieder aufgebaut. 

Was wir hier sehen ist die Westflanke der Mauer. Einige der Steine sind so gewaltig, dass man in früherer Zeit dachte, dass nur Riesen, die Zyklopen, so einer Mauer bauen könnten. Daher der Begriff Zyklopenmauer. Gut erhalten ist einer der 12 Zugänge zur Stadt. Ein großes Portal mit einem runden Torbogen aus gewaltigen Steinen, flankiert von zwei kleineren Pforten mit tonnenschwerem Türsturz. Die Mauern werden von der untergehenden Sonne ein letztes Mal in goldenes Licht getaucht. Dann ist Abend.

Den verbringen wir natürlich wieder in unserer Stamm-Taverne in Ireon. Nach unserem reichhaltigen Mittagessen reichen uns heute Abend eine Vorspeise und ein Hauptgericht. So gönnen wir uns gegrillten Oktopus und eine kleine Grillplatte mit Souvlaki und anderem.

Am nächsten Morgen geht es mit dem Mietwagen zurück zum Flughafen. Die Rückgabe unseres treuen Gefährtes verläuft ebenso reibungslos, wie der Check-in und der Rückflug. Ein letzter griechischer Kaffee im Café am Gate und schon geht es in die Lüfte nach Hamburg. Und von dort fahre ich noch am selben Tag mit dem Zug weiter nach München.

Ich habe es eingangs schon einmal erwähnt: kurz nach dieser Reise ging unsere Beziehung in die Brüche. Auch Kostas und Nilpferd gehen wieder getrennte Wege. Kostas ist ganz gut darüber hinweggekommen, aber vielleicht liegt das daran, dass er Grieche ist und im Fremdenverkehr arbeitet. Vielleicht hat er ja auf jeder Insel ein Liebchen. Wer weiß? Die schönen Erinnerungen aber bleiben.

Damit schließt sich ein weiteres Kapitel des griechischen Kaffeetagebuchs. Aber keine Sorge, da warten noch einige Geschichten auf Euch. Bald geht es nämlich wieder los. Dann stehen Athen und der Peloponnes auf dem Programm. Und natürlich gibt es wieder jede Menge Kaffee. Aber dazu bald mehr…

Quellen: holidaycheck.de, boarding-time.de.

Ein Gedanke zu “Samiotisches Kaffeetagebuch II: das Ende vom Lied…

  1. Wer ging, wer blieb? Also Nilpferd und Kostas meine ich. – Nun, unglückliche Verläufe nach offenbar einer guten Zeit sind durchaus nichts Ungewöhnliches, wenn auch traurig. Polykrates könnte seinen Ring reiben und ein Lied davon singen.
    Griechenland bleibt ein dankbares Reiseziel. Jede Menge Inseln…

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