Der Frühling tobt durch das Dorf! Die Maisonne hat schon Kraft. Fast kitzeln ihre Strahlen auf der Haut, wenn nicht der laue Wind vom Meer zärtlich darüberstreicht, dass die feinen Härchen am Arm leicht erzittern. Wie jedes Jahr im Mai erschlägt die Natur uns mit ihrer Blütenpracht. Für uns ein jährlich erwartetes Schauspiel.

Anders für den Menschen der Antike. Was für uns selbstverständlich ist, war für ihn ein unergründliches Mysterium. Persephone, Tochter des Zeus und der Demeter, steigt im Herbst hinab in die Unterwelt zu ihrem Gatten Hades und nimmt alles Farben, ja alles Leben der Natur mit in das Totenreich. Ihre Mutter Demeter, die Schwester des Göttervaters und Göttin der Fruchtbarkeit, vernachlässigt ihre Pflicht und die Welt erstarrt.

Erst im Frühjahr kehrt Persephone sie zurück in unsere Welt. Mit den Mysterien von Eleusis wurde Persephones Rückkehr in die Welt der Lebenden gefeiert, also der Frühlingsbeginn. Da sie während ihres Aufenthaltes in der Unterwelt Samen aß, ein Symbol des Lebens, steht die Rückkehr symbolisch für die Wiedergeburt alles pflanzlichen Lebens im Frühjahr und im größeren Rahmen allen Lebens auf Erden. In den Eleusinischen Mysterien wurde der Mythos als das Bild einer höheren Idee, nämlich der Unsterblichkeit der Seele, aufgefasst und jedes Jahr festlich begangen.

Doch schien hier und heute von der Rückkehr der Natur niemand Notiz zu nehmen. Der Frühling war da – alleine schien es an Menschen zu mangeln. Ireon lag wie verlassen da. Tatsächlich begegneten wir auf unserem Gang nur einem einzigen Menschen, ein zahnloser Greis, der freundlich und erfreut unseren Ostergruß erwiderte. „Christos Anesti!“ – „Alithos Anesti!“ Christus ist auferstanden. Ja er ist wahrhaft auferstanden. Persephone ist zurück. Das Leben ist zurück. Die Natur ist zurück. Andere Bilder, die das gleiche meinen.

Sonst keines Menschen Seele? Ist er der letzte Wächter des Dorfes? Nach dieser flüchtigen Begegnung versinkt das Dorf wieder in Schweigen. Die Tische und Stühle sind zusammengestellt, als würde dort niemand mehr sitzen. Oder als seien die lang erwarteten Gäste noch nicht eingetroffen. Die Sonne funkelt auf dem Meer, die Wellen schlagen sanft an den Strand. Kein Mensch.

Die Fischerboote sind verwaist. Sie dümpeln leise in dem kleinen Hafen. Heute fährt niemand auf die See! Heute können die Fische verschnaufen, den niemand fischt nach ihnen. Keine Netze werden ins Wasser getaucht. Nur ein sanftes Schaukeln auf den Wellen und ein Glucksen, wenn sich das Boot an die Kaimauer drückt.

Hier stehen sonst die Tische dicht an dicht. Kellner hetzen über die Straße, die kleine Hauptstraße, wenn es um Tavernen geht. Als hätte man das Dorf verlassen. Doch tritt man näher, dann hört man wie von Ferne Gemurmel und das Klappern von Besteck und Tellern. Das ist das Geheimnis: alle sind noch mit den Vorbereitungen beschäftigt für das große Fest der Auferstehung des Herrn.

Bald werden sich die Häuser entladen und ihre Bewohner in die Sonne schicken. Gelächter, Gläserklirren, Feierstimmung. Das Dorf wird sich wieder in eine bunte Welt der Lebenden verwandeln. Noch hält es den Atem an vor diesem großen Fest. Bald erschallt es wieder! „Christos Anesti!“ – „Alithos Anesti!“ Persephone ist zurück aus der Unterwelt!

Quelle: Wikipedia.
Oh, ein Callistemon citrinus aus Australien.
Sehr hübsch !
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Wie sich der wohl hierher verirrt hat?
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Das fiel mir auch auf. Überall Neophythen. In den wärmeren Gegenden noch mehr als bei uns. Rhodos z.B. war sehr schön. Aber die – für sich genommen ja prächtig bizarren – Araukarien haben mich mit der Zeit wirklich aufgeregt. Gibt’s im Mittelmeerraum keine Pinien, hm?
Die Beschreibung des Osterwundrs, die Wiederkehr all der Inselbewohner aus ihren selbstgewählten Rückzugsorten – sehr schön. Die Seele mag ja unsterblich sein, aber was treibt sie denn die ganze Zeit dort im Hades? Der Leib mag es eine Zeitlang mitmachen, aber dann wird es wieder Zeit, in die Sonne zu gehn. Dann wieder zurück in den Schatten. Leben ist eine Pendelbewegung, nicht anders, als die Jahreszeiten. Nur hastiger.
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Ja, diese Analogie drängt sich einem förmlich auf. Schönen Ostermontag noch…
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