Fischer setzen ihre Boote instand oder flicken Netze, Kellner räumen Stühle und Tische vor die Tavernen. Bunte Fischerboote dümpeln auf dem Wasser. Dazwischen die erste Luxusjacht der Saison, eine hypermoderne, weiße Rakete. Katzen strecken sich in der Sonne aus. Sanft schlagen die Wellen an die jahrtausendealte Kaimauer. Und frühe Oleanderbüsche blühen im frischen weiß und rot des Frühlings.

Pythagorion sieht genauso aus, wie wir uns den Hafen auf einer griechischen Insel vorstellen. Gerade ist man damit beschäftigt den Saisonstart 2024 vorzubereiten. Der Ort erwacht praktisch gerade aus seinem Winterschlaf, denn außerhalb der Hauptreisezeit passiert hier wenig. Umso mehr wünscht man sich die Osterfeiertage herbei und ergeht sich im kollektiven Frühjahrsputz.

Die Inselhauptstraße führt mitten durch den Ort, was zu bestimmten Zeiten schon mal zu einem Verkehrskollaps führt. Es ist ein betriebsamer Ort mit schönen, alten Häusern und engen, steingepflasterten Straßen, die von weiß- und rotblühenden Oleanderbüschen gesäumt sind. Errichtet wurde Pythagorion, das bis 1955 noch Tigani hieß, auf den Ruinen einer antiken Stadt, der Metropole des sagenhaften Tyrannen Polykrates. Tigani soll sich vom griechischen Wort für Pfanne ableiten, wohl weil der Hafen die Form einer Pfanne hat.

Von den von ihm errichteten Bauwerken kann man heute noch beeindruckende Überreste bewundern. Neben der sechs Kilometer langen Stadtmauer, dem Tunnel des Eupalinos und dem Palast, den sogar Caligula bewunderte und von dem man heute nur noch den ungefähren Standort kennt, war das vor allem der Hafen. Eine der beiden Hafenmolen ist heute, über 2.500 Jahre später, noch in Gebrauch. Der Hafen bot über einhundert Fünfzigruderern Platz, den damals modernsten Schiffen der griechischen Seefahrt, die allenthalben Samaina genannt wurden und deren Umrisse heute die Etiketten der gleichnamigen Weine zieren.

Mitte des 19. Jahrhunderts war Samos fast Menschenleer. Erst Miltiadis Aristarchis, der von den Osmanen eingesetzte Prinz von Samos, der über ein teilautonomes Fürstentum herrschte, begann die Insel wieder zu besiedeln. Er war es auch, der auf den Ruinen des antiken Hafens den Ort Tigani errichten lies, der erst mit dem Einsetzen des Tourismus rund 100 Jahre später seine heutige Bedeutung erlangte. Um den nach Polykrates berühmtesten Sohn der Insel zu ehren wurde Tigani in Pythagorion umbenannt.

Zeit für einen Kaffee! Die Wahl fällt auf die Taverne Tarzanas direkt an der antiken Hafenmole. Hier vermischen sich Mauerreste aus drei Jahrtausenden mit der Gegenwart. Hier ein Überrest einer frühen Kanalisation, hier ein modernes Wohnhaus auf den Grundmauern eines antiken Gebäudes errichtet. Die Taverna Tarzanas mit angeschlossenem Hotel befindet sich in einem historischen Steinhaus, von dem man sich vorstellen kann, dass es einmal die Wohnstatt eines wohlhabenden Kapitäns gewesen sein könnte. Oder die eines zu Geld gekommenen Kaufmanns.

Direkt vor der Terrasse ein kleiner Kieselstrand mit roten Sonnenliegen. Die meisten sind noch leer, doch bereits in wenigen Tagen werden sie von Touristen belagert. Wir genießen die warmen Sonnenstrahlen des Frühlings, die Vorboten der Saison. Womöglich hat Polykrates von hier aus seinen Ring ins Meer geworfen. Beim Abendessen bekam er ihn allerdings wieder in einem Fisch serviert. Apropos Abendessen: das werden wir wieder in Ireon einnehmen. Doch davon ein andermal mehr.

Taverne Tarzanas, Pythagorion, Samos, Griechenland; Öffnungszeiten: täglich 10:00 – 00:00 Uhr. Abends mit Livemusik. Quellen: Wikipedia, insel-samos.net.
BUON ANNO
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Du hast das Talent, die Dinge so anschaulich zu beschreiben, als wäre man da gewesen. Und dann wünscht man sich, da gewesen zu sein 🙂
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Danke für das Kompliment. Ich glaube, dass wir hier in der Blogsphäre ganz gut voneinander lernen können.
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