Man gehe mal besser davon aus, dass jeder Kreter eine Waffe hat. Vermutlich sogar zwei! Von den geschätzt 1,5 Millionen nicht registrierten Schusswaffen werden etwa die Hälfte auf Kreta vermutet. Der Begriff Waffe reicht von einer traditionellen Luger oder Walther, das heißt Resten der deutschen Besatzung bis zu sowjetischen Schnellfeuergewehren. Das hat Gründe, einmal in der Geschichte der Insel und einmal in der tief verwurzelten Tradition.

Da ist die traditionelle Anschauung vom Waffentragen auf Kreta, wie sie aus der Geschichte der letzten 100 Jahre und zwar aus dem mazedonischen Kampf, dem kleinasiatischen Feldzug, der Schlacht um Kreta und aus dem Widerstand gegen die deutschen Besatzer entstanden ist. Aber auch das Abfeuern von Schusswaffen als Ausdruck der Lebensfreude. Besonders im Sommer bei den unzähligen Hochzeiten, die in den letzten zwei Wochen im August stattfinden ist der Verbrauch an Munition besonders hoch. Wenn die Gäste angeheitert sind, fallen bei einer Hochzeit bis zu 10.000 Schüsse. Hin und wieder kommt es dabei zu Unfällen. Amok-Schießereien gab es jedoch noch nicht.

Denn auch wenn die Zahl der Waffen groß ist und man gelegentlich in den entlegenen Dörfern, wo die Staatsmacht nicht viel zu melden hat, auf Blutrache stößt – mit abnehmender Tendenz – führt das nicht zum Ausbruch alltäglicher Gewalt. Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass trotz der großen Zahl von Waffen auf Kreta, die Zahl der Verbrechen durch Kriegswaffen in umgekehrten Verhältnis zu ihrer Verbreitung steht. Das ist auch beim Alkohol der Fall: Rakí und Wein gehören zum Alltag des Kreters und trotzdem ist der Prozentsatz der Alkoholiker nur gering.

Es war das Kirchlein abseits von der Nationalstraße, dass unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Es stellte sich an die zwar alte aber renovierte Kirche Agia Fotini, die den nach ihr benannten Strand bewacht. Der Ort ist an sich weit interessanter, als es auf den ersten Blick schein. Unweit verbirgt sich in den Felsen eine Höhlenkirche. Außerdem lag hier die legendäre Hafenstadt Kionia, die bereits in präminoischer Zeit florierte bis sie im Meer versank. Es wird angenommen, dass als die Stadt begann, unterzugehen, die Bewohner gezwungen wurden, in höhere Ebenen zu ziehen.

Heute bedecken die Ruinen der Stadt eine Fläche von mehr als 150 Meter süd-ostwärts und 100 Meter nord-südwärts. Die andere Hälfte der Stadt liegt unterhalb der Meeresoberfläche vor der örtlichen Taverne. Da diese Ruinen – es sind wirklich nur noch Grundmauern zu erkennen – frei zugänglich sind, wäre das vielleicht ein willkommenes Ziel für einen Archäologie-Enthusiasten. Wir haben heute schon genügend Ruinen bewundert und beschränken uns deshalb auf einen Besuch des Kirchleins.

Wobei uns eines dann doch überraschte, nämlich dass es ein extra Schild gab mit dem Hinweis doch bitte nicht auf die Kirche zu schießen. Verwunderlich deshalb, weil das doch eigentlich selbstverständlich sein sollte. Auf Kreta offensichtlich nicht.

Quellen: cretanbeaches.com, kreta-inside.com, radio-kreta.de, kretatipp.de, brockenbuch.de.
Looks a beautiful church.
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Thank you!
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Such a cute chapel!
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It’s a nice and peacefull place – no matter what the sign says.
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A pleasure.
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Ich wollte in meinem letzten Kreta-Urlaub auf den Psiloritis, den höchsten Berg der Insel. War schon etwa eineinhalb Stunden unterwegs, als eine Horde Männer in einer Senke ihre Schießübungen abhielten und wie wild um sich ballerten. Das hatte mich so erschreckt, dass ich meine Tour abgebrochen und zurück gerannt bin, so schnell mich meine Beine trugen. 😉
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Es werden leider immer wieder auch Unbeteiligte getroffen.
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Das war ja das, was mich auf der Stelle umkehren ließ.
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Gut gemacht! Wir brauchen Dich doch!
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Kreta und übermäßig viele Schusswaffen hätte ich jetzt nicht in Verbindung gebracht.
Wieder etwas gelernt.
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Gell?
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Du weißt aber auch Sachen… 😉
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Ich finde abgelegene Gegenden von der Kultur und Sprache her interessant. Danke für das Teilen.
Gab es im letzten Jahrhundert Ehrenmorde oder etwas in die Richtung?
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Es soll sie sogar heute noch geben, allerdings inzwischen extrem selten.
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Ja, das hat wohl nichts mit der Religion oder Sprache zu tun, aber gibt es oder gab es in eher abgelegenen Orten.
Ich sehe Ähnlichkeiten, in dem was du schreibst, zu Orten im arabischen Sprachraum. Es gibt so Gegenden in Oberägypten, wo es viele Waffen gibt. Aber keinen Amoklauf.
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Da gibt es bestimmt Parallelen.
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