Athener Kaffee-Tagebuch: Jenseits von Edem

Von Piräus aus fahre ich mit der Tram weiter. Das Besondere an dieser Straßenbahn: die Strecke verläuft entlang des Meeres. Doch erstmal muss ich die richtige Linie finden. Und alle Schilder sind in einer Schrift, die für mich auch Klingonisch sein könnte oder altes Sanskrit.

Vor der Kathedrale spreche ich auf gut Glück einen Passanten. Ich habe Glück! Der Mann ist Italiener und kann mir nicht nur die richtige Haltestelle zeigen, er hat auch noch ein paar Hinweise für die Fahrt. Außerdem erzählt er mir eine spannende Geschichte: er ist erst vor zwei Wochen nach Athen gekommen, hat sich in die Stadt verliebt und bereits einen Job und eine kleine Wohnung für den Anfang. Ich kann das nur zu gut verstehen.

Auf der zugegebenermaßen langen Fahrt ist mir ein Ort aufgefallen, der besonders einladend aussah. Da ich eh wieder ein Stück zurück fahren muss um wieder nach Athen zu kommen, steige ich an einem Halt irgendwo an der Strecke einfach wieder um.

Und tatsächlich hält der Ort, was er von der Tram aus versprach. Edem, ein kleines Paradies!

Hier ist noch Sommer! Menschen liegen am Strand, Spielen Ball oder Baden im Meer. Es ist hier Anfang November noch so warm, dass das mühelos geht. Ich suche mir einen kleinen Tisch mit Blick auf das Meer. Ich atme tief durch. Ach, ist das herrlich!

Ich bestelle mir einen griechischen Kaffee. Wer mitgezählt hat weiß, dass es der mittlerweile vierte Kaffee des Tages ist. Aber das ist mir heute egal. Bis mich der Kaffee erreicht dauert es noch etwas. Mir soll es recht sein. Ich sauge einfach die ganze Szenerie in mich auf.

Dann kommt mein Kaffee. Das Warten hat sich gelohnt! Serviert wird er in einem Ibrik, einem kleinen Kupfertöpfchen. Ich schenke mir ein und genieße die bittere Süße. Wunderbar!

Es ist kurz nach vier und die Sonne nähert sich langsam dem Horizont. Ich beschließe hier den Sonnenuntergang abzuwarten. Einen besseren Ort kann es kaum geben. Wie von Ferne klingt das Rauschen der Wellen zu mir, durchbrochen vom Geschrei spielender Kinder.

Ich werde ganz ruhig. Schon versinkt dieser glühende Feuerball in der Dunstschicht knapp über dem Meer. Es ist, als hält die Welt für einen kurzen Augenblick den Atem an.

Dann dreht sie sich fast unmerklich weiter – der magische Moment ist vorbei.

Ich zahle, stehe auf und gehe zurück zur Haltstelle. Die Tram bringt mich in das abendliche Athen zurück… Das Abendessen wartet. Doch davon im nächsten Tagebuchkapitel mehr.

4 Gedanken zu “Athener Kaffee-Tagebuch: Jenseits von Edem

  1. Diese stillen Momente sind der Grund, weshalb ich reise. Hin und wieder hört die Welt auf, sich zu drehen. Und dann ist man im Hier und Jetzt angekommen. Was selten genug geschieht, denn meistens jagen die Gedanken irgendwo voraus oder schleppen sich hinterher, sich an Vergangenes klammernd. Doch spontan genug muss man sein, um an einem schönen Ort auch anzuhalten und nicht weiter zu hetzten. Und dann wird man reich belohnt 🙂

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