Sie schießen wie Pilze aus den Boden: Gastgärten, Schanigärten oder im Amtsdeutsch Freischankflächen. Die Corona-Einschränkungen machen es möglich: da die Gasträume lichter bestuhlt werden müssen, zeigen sich die Ordnungsämter großzügiger bei der Nutzung der Flächen vor den Cafés und Wirtschaften. Dafür werden sogar Parkplätze geopfert. Doch nicht jeder Tisch mit zwei Stühlen auf dem Trottoir ist gleich eine Schanigarten, denn dazu gehören noch Blumenkübel oder Trennwände, die den Gastraum im Freien deutlicher vom öffentlichen Raum abgrenzen.

Schanigarten des Zwillings G’wölb, Wien Innere Stadt
Die Idee dazu stammt aus Österreich, genauer gesagt aus dem Wien des 18. Jahrhunderts. Ein verarmter Wasserbrenner – damals wurden die Hersteller von hochprozentigen Wässer so genannt oder auch Branntweiner – erhielt um 1750 die Erlaubnis vor seinem kürzlich eröffneten Kaffeehaus am beliebtem Graben Gäste auch vor seinem Geschäft zu bedienen. Das hatte zwei Effekte: einmal schnellte sein Umsatz mit Erfrischungsgetränken deutlich in die Höhe, zum zweiten ermöglichte es den Damen der Wiener Gesellschaft erstmals am Kaffeehausgeschehen teilzunehmen, denn betreten durften sie ein derartiges Etablissement natürlich nicht.

Café Mozart in Wien 1945
Der frisch gebackene Cafetier erfand also so zu sagen das Straßencafé und ist historisch verbürgt: Johann Jakob Tarone genannt Gianni Taroni. Das Café des italienisch stämmigen Kaffeesieders entwickelte sich rasch zum beliebten Treffpunkt anderer im Wiener Exil lebender Landsleute. Eine gängige Deutung ist es daher, dass sich der Schanigarten von „Giannis Garten“ ableitet.

Café Mozart heute
Eine andere beliebte Version der Namensentstehung begründet sich darin, dass man früher Bedienstete, deren richtigen Namen man nicht kannte, gewöhnlich mit Johann, Hans oder „petit Jean“, also kleiner Hans gerufen wurde. Den „kleinen Hans“ gab es schon unter Landsknechten als Abgrenzung zum in der Rangfolge höher stehenden „großen Hans“. Daraus entwickelte sich im Wienerischen der Schani als Bezeichnung für den Hilfskellner, den Piccolo oder Schammes des Kaffeehauses. So kam es häufig vor, dass die Nachbarn am Morgen den Ruf des Oberkellners vernahmen: „Schani, trag den Garten ausse!“, oder Abends: „Schani, trag den Garten eine!“
Wer nun „rechter“ hat wird sich vielleicht nie ermitteln lassen. Tatsache ist, dass wir den Sommer im Schanigarten trotz Corona in vollen Zügen genießen dürfen – Abstands- und Hygieneregeln werden natürlich eingehalten.
Bildrechte: Titelbild Schanigarten Café Prückl Andreas Poeschek, viennaphoto.at/Wikipedia.org, Gemeinfrei/Wikipedia.org, Fotograf im Auftrag der United States Information Agency (Pictorial Section der Information Services Branch (ISB)) – ÖNB, Bildarchiv der US-Informationsdienste in Österreich, Sammlung USIS. Inventarnummer: US 124. Titel: KAFFEE Mozart, Gemeinfrei/Wikipedia.org, Zyance – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, Wikimedia.org. Quellen: Wikipedia, Süddeutsche Zeitung, Hans Weigel: Das Wiener Kaffeehaus, Ulla Heise: Kaffee und Kaffeehaus.
Interessant, interessant die Geschichte. Das lässt mich auch an jenen Wienbesuch erinnern, den wir damals machten. Natürlich mit entsprechenden zeitlich gut gesetzten Caféhausbesuchen.
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