Von Akrokorinth aus geht es zügig über die Nationalstraße 7, die Korinth mit Kalamata verbindet. Bis Khiliomodhion ist die Straße auch ganz gut in Schuss, danach muss man alle paar Kilometer über die Gleise der seit 2011 stillgelegten Peloponnes-Bahn hoppeln. Und das geht nur indem man fast bis zum Stand abbremst, so man keinen Achsenbruch riskieren will. Die Bahnstrecke Korinth–Kalamata der meterspurigen Peloponnes-Bahn war Teil der direkten Eisenbahnverbindung zwischen der südlichen Peloponnes und Athen. Die Strecke zweigt in Korinth von der Bahnstrecke Piräus–Patras ab, durchquert die Peloponnes in südwestlicher Richtung, im mittleren Abschnitt als Gebirgsbahn, und endet in Kalamata wieder am Meer. Und das seit 1884.

Aufgrund der bogenreichen Streckenführung war die durchschnittliche Geschwindigkeit der Züge gering. So erreichten Schnellzüge im Fahrplanjahr 1974 auf der Strecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 34 km/h, Personenzüge – die an allen Bahnhöfen und Haltepunkten hielten – mit knapp 30 km/h. Aber noch bis in die 1990er Jahre wurden im Nachtzug Athen–Kalamata auch Schlafwagen geführt. Nach dem immer weiter fortschreitenden Ausbau des Straßennetzes waren die Fahrzeiten der Bahn denen der Busse weit unterlegen, was zu drastischem Rückgang der Zahl der Reisenden führte. Die – ohne Zweigstrecken – knapp 238 km lange Strecke war wie alle griechischen Meterspurstrecken durchgehend eingleisig und nicht elektrifiziert.

Funfact am Rande: 2009 wurde die Strecke aufwendig renoviert, dann aber nicht wieder in Betrieb genommen und 2011 endgültig stillgelegt. Die Stichstrecke Argos–Nafplio, in der Argolis, wurde bereits in den 1960er Jahren geschlossen, war aber im Sommer 1993 erneut in Betrieb. 2005 wurde sie nach einer Grundsanierung mit einem neuen Endbahnhof am Hafen von Nafplio wiedereröffnet. Seit dem 10. Januar 2011 ist sie ebenfalls außer Betrieb. Sinnfreier wurden Steuermittel und EU-Fördergelder wohl kaum investiert.

Was übrig geblieben ist sind die maroden Gleise, die man nur im Schritttempo mit dem Wagen gefahrlos überqueren kann und zahlreiche halbverfallene Bahnhofsgebäude. Es ist schon erschreckend wie achtlos man mit seiner Infrastruktur umgehen kann. Nach 53,4 Streckenkilometer ab Korinth liegt der verlassene Bahnhof der Stadt Argos. Ich weiß nicht an welchem Tag er außer Dienst gestellt wurde, aber es war 08:30 Uhr als man der Bahnhofsuhr den Strom abstellte.

Nur wenige Schritte nach der Station – Σταθμός, also Stathmos auf Griechisch – liegt das gleichnamige Café in einem Neubau. Die ursprüngliche Bahnhofs-Taverne lag gegenüber und ist jetzt eine Ruine. Offenbar hat seit der Stilllegung der Bahnstrecke dieser Ort seine Bedeutung eingebüßt. Doch der Betrieb im Café scheint zu florieren. Ein freundlicher Barista bedient hier eine beeindruckende, moderne Espressomaschine. In der Auslage warten die übriggebliebenen Back- und Süßwaren auf Kundschaft.

Kundschaft wie mich. Nachdem ich den Bahnhof in der Abendsonne ausgiebig begutachtet und abgelichtet habe, hole ich mir noch einen griechischen Kaffee und ein kleines Törtchen (nicht im Bild) für später. Ja, das Fahren auf der Landstraße ist anstrengend, aber ich habe mein heutiges Etappenziel bald erreicht: Nafplio. Doch schon beim Vorbeifahren wird mir klar, dass ich Argos noch einen Besuch abstatten werde. Zu verlockend die Festung Larissa, die nicht nur der Ort, sondern die gesamte Ebene der Argolis zu beherrschen scheint. Doch davon demnächst mehr. Jetzt geht es erstmal weiter in die frühere Hauptstadt Griechenlands.

Stathmos Coffee Bakery, Filellinon 16, Argos, Griechenland; Öffnungszeiten: Montag – Samstag 05:00 – 21:00 Uhr, Sonntag 05:00 – 14:00 Uhr.
Der Zustand des Bahnnetzes am gesamten Balkan ist erschreckend – offenbar ist da Griechenland keine Ausnahme.
Ich hab das für Ex-Jugoslawien in dieser Reportage zusammengefasst:
Und da der Sonderfall Kosovo im Speziellen. Dagegen ist Griechenland ja Paradies.
Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man diese Infrastruktur einfach so freiwillig nicht nur aufgeben sondern derart vernachlässigen kann. Es sollte im Interesse jeder Gesellschaft liegen, dass zuverlässiger öffentlicher Verkehr zur Verfügung steht.
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Leider wahr. Ich habe da auch Sachen erlebt…
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