Bye bye Café Guglhupf

Die Liste der Traditionslokale, die in München ihre Pforten schließen mussten, wird immer länger. Ich erinnere hier nur an das Stadtcafé, die Brasserie Tresznjewski, das griechische Restaurant Lucullus, den Ratskeller und schließlich auch das Siebenbrunn. Vom Haag-Rottenhöfer hinter der Feldherrenhalle, dem Café Arzmiller im Klosterhof und vom original Tambosi gar nicht erst anzufangen. Jetzt hat es das nächste Café erwischt: das Café Guglhupf hinter dem Kaufhof.

Für viele Münchner gehörte das Café Guglhupf in der Passage in der Kaufingerstraße zum Marienplatz, wie das Rathaus, das Glockenspiel oder die Mariensäule. Während der Kaufhof selbst ja ein eher unschöner Betonklotz ist, herrscht hier gediegene Backsteinoptik vor. Spulen wir einmal 48 Jahre zurück und denken wir uns ins München der 70er Jahre: mit den Olympischen Spielen 1972 kamen die U-Bahn, die S-Bahn und die Fußgängerzone. Die Innenstadt war auf einmal in, heute würde man wohl sagen hipp und es war schick dort einzukaufen, ins Café zu gehen oder einfach nur zu flanieren.

An der Ecke Marienplatz-Kaufingerstraße stand früher einmal das Kaufhaus Roman Mayr, ein prachtvoller Jugendstilbau, der im Zweiten Weltkrieg beschädigt und später abgerissen wurde. An seiner Stelle entstand von 1969 bis 1972 der heutige Kaufhof, entworfen von Josef Wiedemann. Die Architektur des Neubaus war umstritten und wird bis heute kontrovers diskutiert. 1977 zog in den Hof hinter dem Kaufhaus das Café Guglhupf. Die kleine Oase im Einkaufsrummel wurde schon bald zu einer Institution. Als Kind war ich hier schon mit Mama und Oma.

Angefangen hat alles mit Alfred und Gusti Eisenbarth. Letztere, eigentlich Tierärztin, jobbte während des Studiums in Cafés und Träumte davon einst ein eigenes zu besitzen. Obwohl ihr jeder wegen der Hinterhof-Lage abriet, wurde dieser Traum 1977 wahr. Und da sie aus dem Chiemgau stammte, sollte es ein bayerisches Café sein. Ein Name wurde schnell gefunden, schließlich wölbte sich der Boden im Erdgeschoss wegen der darunterliegenden Tiefgarage wie das traditionelle Backwerk. Aus dem Namen wurde ein Programm: Nuss-, Marmor- und Eierlikör-Guglhupf wurden zu Bestsellern. Das Eis-Machen lernte Gusti Eisenbarth von einem italienischen Konditor.

Leider Starb sie nur allzu früh. Ihr Mann Alfred führte daraufhin das Café in ihrem Sinne weiter. Dass sich im Café so gut wie nichts änderte kam bei den Gästen gut an. Doch 2019 erkrankte Alfred Eisenbarth schwer und musste die Geschäftsführung seinen Kindern Marc und Irmi Eisenbarth überlassen. Die betrieben das Café weiter – eine Doppelbelastung, da sie ihre ursprünglichen Berufe beibehielten: Marc Eisenbarth ist Projektmanager bei der BMW Welt, Schwester Irmi Eisenbarth ist Professorin für Hospitality Management an der TU München. Trotzdem wurde nach dem Tod des Vaters 2022 wurde trotzdem noch einmal Geld für eine Renovierung in die Hand genommen.

Doch warum ist jetzt Schluss? Ich hatte am vorletzten Öffnungstag die Gelegenheit mit Irmi Eisenbarth ein paar Worte zu wechseln. Die Gründe für die grassierende Gastro-Baisse sind fast immer die gleichen: zu teure Mieten, drastisch gestiegene Betriebskosten und Einkaufspreise, zunehmend gravierender Fachkräftemangel sowie ein deutlich verändertes Konsumverhalten der in der Regel ebenfalls nicht mehr auf Rosen gebetteten Gäste. Einfacher ausgedrückt: ein durchschnittlicher Gast erzeugt mit Kaffee und Küchen in etwa eine Rechnung von 15 €. In einem Restaurant liegt die Rechnungsgröße bei etwa 25 – 30 €. Die Kosten für Miete, Personal, Strom und so weiter bleiben aber gleich. Man könnte sagen, dass sich das klassische Café-Konzept einfach nicht mehr lohnt.

Außerdem ist es zu umfangreich einen Betrieb mit 40 Angestellten im Nebenjob zu führen. Dazu kommt eine Tücke in den Gewerbe-Mietverträgen: wünscht sich der Vermieter einen neuen Mieter, dann ist der Alt-Mieter für den kostenintensiven Rückbau verantwortlich. Das Wetter dieses Jahr tat sein Übriges. Da das Wetter meist zu kalt war, öffnete die bei Einheimischen wie Touristen so beliebte Terrasse im ersten Stock nur an den Wochenenden. Um überhaupt wirtschaftlich arbeiten zu können, mussten die Preise angepasst werden. Cappuccino 6,90 Euro, Croissant mit Füllung 5,50 Euro, Eiskaffee 10,50 Euro, Currywurst 14,20 Euro, das Helle und eine Portion Pommes schlugen mit jeweils 6,30 Euro zu Buche, und ein Paar Weißwürste samt Brezn kosten sagenhafte 10,80 Euro, fast doppelt so viel wie zum Beispiel ein paar hundert Meter weiter im Weißen Brauhaus. Also entschied sich das Geschwisterpaar schweren Herzens das Café aufzugeben.

Das Personal konnte anderweitig vermittelt werden oder suchte sich selbst einen neuen Wirkungskreis. Auch steht schon ein Gastronom für den Weiterbetrieb nach einem Pop-Up-Programm in den Startlöchern. Die Idee: Café-Betrieb tagsüber und ab abends Restaurant. Zum Zeitpunkt des Gesprächs waren die Verträge noch nicht in trockenen Tüchern, weshalb ich die Details für mich behalte. Sollte der Übergang klappen werde ich natürlich darüber berichten. Mir blieb nur noch die Gelegenheit einen Cappuccino zusammen mit zwei Stücken Guglhupf – Banane-Schoko und Mango – zu genießen. Und mich von einem weiteren Traditionscafé zu verabschieden.

Quellen: SZ, tz, Wikipedia.

17 Gedanken zu “Bye bye Café Guglhupf

  1. Deine Zeilen lassen den Leser mundwässrig zurück – ich kann den griechischen Kaffee praktisch riechen
    Ein perfekter Start in den Urlaub
    Schon jetzt freue ich mich auf Deinen Reisebericht
    Schöne, erholsame, spannende Tage
    Lg
    Meggie

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  2. Das klingt bei allem Respekt für die Betreiber danach, als hätten sie die falsche Strategie gewählt, um aus der Umsatzflaute zu kommen.

    Sicher, eine potentielle Abwärtsspirale, in der sich aktuell viele Gastronomen finden: Die Inflation hat die Kaufkraft der Kunden reduziert. Die Kosten steigen. Preiserhöhungen sind eine naheliegende Strategie – aber meist die falsche.

    Grundsätzlich hat ja ein Cafe gegenüber einem Restaurant den Vorteil einer viel, viel kleineren Speisekarte. Das senkt die Warenkosten erheblich. Je mehr man die Speisekarte auffüllt, so wie offenbar hier geschehen, desto mehr verliert man diesen Vorteil.

    Die Speisekarte eventuell leicht auszudünnen, um Kosten zu senken, wäre naheliegender gewesen. Vergrault vielleicht ein paar Stammkunden – aber wahrscheinlich weniger als die hier doch irrwitzigen Preise.

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    1. Ich glaube nicht, dass in diesem Fall die Karte zu umfangreich war. Zum Mittagstisch war der Andrang immer am größten. Jeder Gastronom muss kalkulieren. Zu niedrig waren die Preise eher nicht. Trotzdem verstehe ich die Entscheidung ein Café nicht weiter zu betreiben, bei dem für den Betreiber nach allen Mühen nichts hängen bleibt.

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  3. Sorry. die Technik hat meinen Kommentar zu Deinem Urlaubsbeginn irgendwie falsch platziert

    Hier mein Kommentar zum Café Gugelhupf:
    Du sprichst mir mit Deinen treffenden Zeilen aus der Seele
    Ich kann Deine Recherche nur bestätigen
    Als Münchner bist Du schier ratlos u traurig, wenn Du Dich verabreden möchtest, höre ich allzuoft:
    „Na, Meggie des gibt’s es scho lange nicht mehr !“
    Wir können nichts dagegen tun !
    Die Hoffnung bleibt, dass sich mit der Zeit sich wieder etwas zum Besseren ändert
    Es kann doch nicht angehen, dass wir diesem Hype länger ausgesetzt sind
    Schneller, teurer, schlechter sich auf Dauer durchsetzt
    Lg Meggie

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    1. Ich hatte mich schon gewundert. Ich fürchte, dass wir uns vom klassischen Café langsam verabschieden müssen. Es ist einfach nicht mehr lukrativ genug oder der Platz wirde bereits von einer Kette wie Starbucks besetzt. Die Wirte müssen knapp kalkulieren und mancher kommt zum Ergebnis, dass es sich einfach nicht mehr lohnt. Traurig aber wahr.

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  4. Ich hatte ja schon einmal bedauert, dass es in meiner Geburtsstadt Offenbach keine Cafés mehr gäbe, doch du hattest mich eines Besseren belehrt. Nun sehe ich die Sache so: Die meisten Cafés, die ich bevorzugte, haben inzwischen und spätestens seit Corona für immer geschlossen. Es sind aber viele neue Cafés entstanden, weil pfiffige Menschen sich nicht abschrecken lassen und ihre Geschäftsideen gegen alle Widerstände durchsetzen. Nur wusste ich nichts von diesen neuen Cafés, die auch oft an anderen Orten, als es die alteingesessenen waren, entstanden, denn ich wohne schon Jahrzehnte nicht mehr direkt in der City, sondern etwas Abseits in einer Kreisstadt, wo doch viel nicht an mich rankommt, aber hier könnt ich dir spontan 5 Cafés nennen, meistens zugehörig zu Bäckereiketten und einfach eingerichtet, aber da sind auch immer wieder die gleichen Gesichter, also Stammgäste anzutreffen. Ich seh ja, wer da sitzt, auch wenn ich mir nur Brot und Brötchen oder einen Sixpack Eierlikör-Kreppel kaufe 😉

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  5. Knapp 20% Inflation gehen halt nicht am Konsumenten vorüber, denn bis auf das Bürgergeld ist nichts entsprechend gestiegen.

    Die Gastronomie und Hotellerie hat sogar mehr erhöht und bekommt seit rund 2 Jahren die Reaktion zu spüren. Mein Mitleid hält sich da in Grenzen, denn Restaurants bieten heute mehr Warmmacher als Köche. Besuch mal die internorga in Hamburg und du siehst, was heute möglich ist. Leider ist Convinience nicht das, was ich erwarte. Das gilt auch für Kuchen.

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  6. Schade das mit dem Café Gugelhupf. Ich war da zwar nur fünf Mal während meiner Besuche in München. Aber als Liebhaber dieses Kuchens, der für mich immer noch der Topf- oder Napfkuchen ist, war der Laden für mich ein echtes Erlebnis.

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