Weihevolle Stille, Pensionisten beim Kaffee oder Wein, immer aber mit Zeitung, Bänke und Sessel mit roten Polstern, Kaffeehausstühle – auch bekannt als Thonetstühle – und Blick auf das Linzer Landhaus, der Sitz des oberösterreichischen Landtages. Gedämpfte Schritte, leise Unterhaltung, das Klappern eines etwas zu hektisch abgelegten Löffels auf der Untertasse. Keine Smartphones. Das Café Traxlmayr ist wie ein Blick in die Vergangenheit.

Es muss nicht immer Salzburg oder Wien sein. Diesmal zog es mich nach Linz, eine Stadt in Oberösterreich, die man in nur dreienhalb Stunden mit dem Flixbus erreichen kann. Hier möchte ich der Frage nachgehen: was eigentlich macht ein Kaffeehaus aus? Und wie unterscheidet es sich vom Café? Doch der Reihe nach.
Das Café Traxlmayr in Linz ist da eine sehr gute Wahl. Es ist auf jeden Fall das traditionellste Kaffeehaus in Linz. Das Haus Promenade 16, in dem sich das Café Traxlmayr befindet, ist seit 1847 ein Kaffeehaus. Im Jahr 1872 heiratete Josef Traxlmayr die Tochter Anna des damaligen Besitzers Josef Hartl, der das Kaffeehaus am Tag nach der Hochzeit seinem neuen Schwiegersohn übertrug. Seit diesem Tag ist das Haus im Besitz der Familie Traxlmayr und trägt auch ihren Namen.

1905 ließ der Sohn der beiden, Wilhelm Traxlmayr, das Café grundlegend umgestalten und erweitern. Der bis dahin als Holzpavillon ausgeführte Anbau wurde in Stein errichtet. Dieser Zubau und die Innengestaltung wurden von Mauriz Balzarek, dem damals bedeutendsten Linzer Architekten und Schüler Otto Wagners, geplant und gestaltet. Die gerade Linienführung und geometrischen Ornamente entsprechen der damals aufkeimenden „neuen Sachlichkeit“ und sind bis heute in unveränderter Form erhalten.
Als im Jahr 2011 das „Wiener Kaffeehaus“ von der Unesco als immaterielles nationales Kulturgut anerkannt wurde, kam das Traxlmayr als bisher einziges Café außerhalb Wiens in die Liste. Im Sinne dieser Tradition führen Ulrich und Dagmar Traxlmayr, die Urenkel des Kaffeehausgründers, das Geschäft weiter.

Die Illusion der smartphonfreien Zone zerplatzt jäh, als ein Pensionist beginnt in sein Handy zu bellen. Ein Geschäftsmann wird angerufen, sein Klingelton ist der Donauwalzer, doch er verlässt zum Telefonieren den Raum. Nicht so zwei ältere Damen, die sich auf einem Smartphones Videos anschauen, dem Geschrei nach zu urteilen sind es die Enkel. Der Bann der weihevollen Stille ist endgültig gebrochen.
Trotzdem, für meine erste Melange in Linz flankiert von einem Croissant ist das Traxlmayr der ideale Ort. Es gibt einen edel eingerichteten „Großen Salon“, einen etwas kleineren „Spielsalon“ mit Billardtisch. Angeschlossen ist auch noch ein „Clubraum“ für Veranstaltungen. Es stehen vier Kaffeeröstungen zur Wahl: eine kräftige Röstung der Rösterei Malongo aus Nizza für Wiener Zubereitungsarten, alternativ dazu eine etwas mildere Röstung von Julius Meinl aus Wien. Für Italienische Zubereitungsarten gibt es eine kräftige Bohne von Nannini aus dem italienischen Sienna. Koffeinfreier Kaffee wird aus portionsweise frisch gemahlen, entkoffeinierten Kaffeebohnen der Rösterei Nussbaumer zubereitet. Der Geschmacksunterschied zu koffeinhaltigem Kaffee ist daher minimal.

Frühstück, kleine Gerichte wie Gulasch oder Salonbeuschel bis hin zum gediegenen Zwiebelrostbraten, klassische Toasts, warme Würschtel und zahlreiche Eierspeisen, in diesem Kaffeehaus kann man ruhig den ganzen Tag zubringen. Erwähnenswert ist überdies die Auswahl an österreichischen und internationalen Zeitungen und Magazinen: Die Presse, Frankfurter Allgemeine, Kronenzeitung, Kurier, Linzer Rundschau, Neue Zürcher Zeitung, Neues Volksblatt, OÖ Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Standard, Süddeutsche Zeitung, Vecerni List aus Ungarn und Wiener Zeitung, Corriere della Sera aus Italien, International New York Times und Le Monde aus Frankreich, Die Welt am Sonntag, die Zeit, Spiegel, Stern und andere Titel mehr.
Dieser Besuch erlaubt bereits jetzt ein erstes Fazit: als Kaffeehaus setzt das Traxlmayr den Maßstab in Linz. Auf der Liste stehen aber noch mehr Kaffeehäuser und Cafés. Mal sehen zu welchen Ergebnissen mich diese Spurensuche noch bringt.

Café Traxlmayr, Promenade 16, Innere Stadt, Linz, Oberösterreich; Öffnungszeiten: Montag -Samstag 07:30 – 22:00 Uhr, Sonn- und Feiertag 09:00 – 19:00 Uhr.

Quellen: Unternehmensseiten, Wikipedia.
Da ich demnächst mal Linz einen Besuch abstatten möchte, merke ich mir dieses Café schon mal vor. 😉
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Da kannst Du nichts falsch machen.
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Dieser unsägliche Umgang mit dem Smartphone kann wirklich den schönsten Ort verderben .. 🙂
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Wunderbar, das ist ein Ziel. Ohne Smartphone. Zum Telefonieren und dergleichen kann man wirklich rausgehen! Ansonsten den ganzen Tag verbringen… Schließlich war erst die Rede von Romanen, die in Caféhäusern entstehen, entstanden – so eine Melange schreibt sich nicht bei einer Melange, da braucht es schon noch mehr.
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Der erste Harry Potter ist angeblich auch in einem Kaffeehaus entstanden, doch ich mag die Geschichte nicht mit dem kleinen altklugen Streber .. (Steilvorlage für dich)
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Ich bin auch kein Fan.
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Dann sind wir uns ja einig und das genieße ich, lieber Tom ..
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Da muss man auch total introvertiert sein oder gar Autist, um die Umwelt dermaßen auszublenden, dass man sich aufs Schreiben konzentrieren kann .. Ich hab übrigens durch Recherche das Geheimnis gelüftet: Die Kaffeehausliteraten haben sich zwar im Kaffee Notizen gemacht und geschäftig getan, doch letztendlich dann das eigentliche Werk später zu Hause allein und in Ruhe entworfen. Die Kaffeehausromantik ist demnach eine schöne Sage, an deren Entstehen die ‚Kaffeehausdichter‘ durch ihr öffentliches Gehabe nicht ganz unschuldig sind. Wieder ein Traum zerstört, aber es gibt ja noch genügend andere. Die Traumwelt ist unendlich, wie selbst der Autist Einstein erkannte ..
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Das zieht sich bis in die Gegenwart hinein. Mit Grund heißt der Bestseller der Schriftstellerin, Dichterin und Dozentin Natalie Goldberg „Schreiben im Café“ – übrigens eine Empfehlung für Bloggerinnen und Blogger. Erklärtermaßen schrieb sie viele ihrer Texte im Lone-Wolfe-Café in Santa Fé. Im noch monarchistischen Wien entstand sogar ein eigenes Genre, die Kaffeehausliteratur. Aber der widme ich demnächst einen eigenen Beitrag. Danke für die Anregung!
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Immer gerne, aber meine Anregung war durch deine Anregung provoziert. Ich kenn das aus Kneipen: Wer den ganzen Abend bei einem Cola sitzt, der wird bald hinauskomplimentiert, weil er ja einen Stuhl oder Hocker besetzt, den ein großzügiger Zecher in Besitz nehmen könnte. Was man im Kaffee pro Stunde konsumieren muss, um länger geduldet zu werden, da kann ich leider nicht mitreden. Kommt wohl auch auf die Berühmtheit des Gastes und die Toleranz der Betreiber an. Was ich so an Kommentaren hinterlasse, ist nicht immer an der Realität belegt, entstammt also aus meinem eigenen Gedankenfundus. Übrigens: Du solltest mal Literatur schreiben. Ich erkenne da ein gewisses Talent in deiner Person.
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Danke für das Kompliment. Was den Konsumzwang betrifft, der ist extrem vom Ort abhängig. Es gilt als eines der ehernen, wenn auch ungeschriebenen Gesetze, dass man sich schon mit einem kleinen Braunen praktisch die unbegrenzte Eintrittskarte erworben hat. Ob das aber heute noch überall uneingeschränkt funktioniert, vor allem an den inzwischen touristischen Orten, wage ich zu bezweifeln.
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Sprachlich sowieso, aber trägst was in dir, das heraus will.
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Einem englischen – Kaffeehaus? Teahouse? Nun, ich will mich über die Qualität eines Etablissements, das ich nicht kenne, nicht auslassen. Für mich war es Pflicht, meine Kinder waren grad in dem ALter, als das neu war, der Hype begann. Ein paarmal habe ich schon was zu Harry gesagt, mich stört am meisten, dass es immer auf (denselben, und anscheinend sind alle erwachsenen Zauberer blind, blöd oder ignorant) Kampf zwischen festgelegtem Gut und Böse hinausläuft. Die Geschichte der Kinder selbst gefällt mir in den ersten paar Bänden sogar noch, also ungefähr bis nach dem ersten Kuß des jugendlichen Harry.
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„Während ihre Tochter im Kinderwagen schlief, schrieb Joanne Rowling die Geschichte von Harry Potter auf Notizblöcken weiter, meistens in einem Café. Am Abend tippte sie dann todmüde die handschriftliche Fassung auf einer alten Schreibmaschine, denn einen Computer konnte sie sich nicht leisten.“
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Und wenn sie nicht gestorben ist, dann ist sie heute noch reich.
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Aber sie hat kein Nobelpreis und wird nicht im Burgtheater aufgeführt .. Ätsch
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Nein, und ich denke mal, beides wird nicht stattfinden. Sonst – ein paar mal hatte ich die schon – überwältigen mich endgültig die Zweifel an diesen beiden Einrichtungen.
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Ich sag zum einen ‚Thomas Bernhard‘ und zum andern ‚Jean Paul Sartre‘. Du weißt wie die beiden Personen einzuordnen sind. „Holzfällen“ hab ich übrigens gleich gelesen, nach der Rezension in der Süddeutschen ..
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wild und wüst. Steht zumindest in der SZ
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Gefällt dem Feind aller Spießbürger ..
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In den Krimiserien siegt auch immer „das Gute“ und wenn das Böse einmal siegt, dann war eben das Böse das Gute. Will sagen: Wenn der Ermordete es wirklich verdient hatte, dann lässt der ‚gute‘ Bulle ihn laufen – kam jedenfalls schon vor ..
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Hm. Der Sieger schreibt die Geschichte. Ob Drehbuchautor, Julius Cäsar oder wer auch immer sich dafür hält und ein Medium findet.
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Die Geschichte schreibt sich selbst ins ewige Buch der Wahrheit. Alles andere ist Lüge und Fälschung. Aber ich kann mich irren, will ja kein Rechthaber sein ..
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Das erklärte zumindest J.C., als er seinen sachlichen Bericht über den gallischen Krieg abgab. Es stimmt aber: die anderen Stimmen ließen sich nicht gänzlich unterdrücken.
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Die spinnen, die Romer!
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