Kaffee vor Gericht

Kaffee ist auch immer wieder Thema vor Gericht. Vor allem dann, wenn er heiß ist und bestimmungswidrig das für ihn bestimmte Gefäß verlässt. Die folgenden zwei Fälle führten zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Die Nutzer einer Ferienwohnung bereiteten sich einen Kaffee zu, doch diese Aktion nahm eine unschöne Wendung. Beim Ergreifen der Glaskanne löste sich der Henkel und der heiße Kaffee ergoss sich über die am Tisch sitzende sechsjährige Tochter. Das Kind zog sich Verbrennungen am Oberkörper und an den Armen zu. Die Eltern forderten im Namen ihrer Tochter vom Vermieter der Ferienwohnung, der das Inventar zur Verfügung gestellt hatte, Schadenersatz. Die Kanne sei offensichtlich nicht in ordnungsgemäßem Zustand gewesen. Der beanstandete Schaden sei durch nichts nachzuweisen, stellte das Gericht nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS fest. Man müsse deswegen von einem aus Sicht des Vermieters gebrauchsfähigen Zustand der Kanne ausgehen (Oberlandesgericht Oldenburg, Aktenzeichen 9 U 40/23).

Anders in unserem zweiten Fall, der als Liebeck v. McDonald’s Hot Coffee Case in die amerikanische Rechtsgeschichte eingegangen und der in der deutschen Öffentlichkeit immer noch unter der Überschrift „2,7 Millionen Dollar für verschütteten Kaffee“ bekannt ist. Die damals 79 Jahre alte Stella Liebeck bestellte 1994 am Drive-Through-Fenster eines McDonalds-Restaurants in Albuquerque einen Kaffee für 49 Cent. Sie nahm den Kaffee zwischen ihre Knie, um Milch und Zucker hinzuzugeben, als der Becher, dessen Deckel sie gerade entfernte, umfiel und Liebecks Schoß mit brühend heißem Kaffee überschüttete. Liebeck erlitt Verbrennungen dritten Grades, musste für acht Tage ins Krankenhaus mit anschließender dreiwöchiger häuslicher Pflege und scheint auch langfristige Schäden davongetragen zu haben in Form von ästhetischen Entstellungen und teilweisen Behinderungen.

Der Prozess durchlief mehrere Instanzen. Die oft kolportierten und von einem Gericht als Schadensersatz zugesprochenen 2,7 Millionen Dollar kamen allerdings nie zur Auszahlung. Nach dem amerikanischen Rechtssystem kann ein Richter die von einer Jury zuerkannte Schadenssumme auch drastisch reduzieren, wenn sie ihm überhöht erscheint. Den wahren Ausgang des Liebeck v. McDonald’s Hot Coffee Case wird die Öffentlichkeit wohl nie erfahren. Vor der Einlegung von Rechtsmitteln haben sich Frau Liebeck und McDonald’s außergerichtlich geeinigt. Der tatsächliche Settlement-Betrag wird wohl unter den zugesprochenen 640.000 USD liegen, aber deutlich über den 800 USD, die McDonald’s der Geschädigten Liebeck ursprünglich als Entschädigung angeboten hat. In Deutschland hätte es vermutlich keine Entschädigung gegeben. Nach hiesiger Rechtsauffassung gehören solche Vorfälle zum allgemeinen Lebensrisiko. Außerdem hatte die Kundin selbst eine gewisse Fahrlässigkeit an den Tag gelegt und so die Folgen zumindest mit verursacht.

Quellen: ots, Infodienst, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen, Original-Content von: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS), übermittelt durch news aktuell, Vincent M. Kästle, Goethe-Universität Frankfurt, Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung, dajv.de; Bildrechte: Titel-Bild von Michaela 💗 auf Pixabay, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS), Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.

9 Gedanken zu “Kaffee vor Gericht

  1. Solange in den USA von den Anwälten bis zu 50% verdient wird und das Rechtssystem so ist wie es ist, wird es auch so bleiben.
    In Deutschland orientieren sich die Bezüge anders und folgen einer Struktur und Gebührenordnung. Die Entschädigungen folgen dem Schaden und den Folgekosten und sind damit nachvollziehbarer.

    Tja. Lebensrisiko. Immer und allgegenwärtig. Dummheit stirbt halt auch nicht aus. Außer man surft auf S-Bahnen.

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  2. U-S-A! U-S-A! Na ja, vielleicht sollte man als Manager im Volkswagen -Konzern aufpassen, wohin man verreist. Aber sonst lautet der Rat: Schädigt euch, besser kommt ihr nirgendwo davon. (Krankenversicherung nicht vergessen!)
    Das arme Mädchen mit seinen Verbrühungen. Bei den Beispielen fällt mir natürlich auch die sehr schöne Beschreibung ein, die Frau Zehs Hund (Juli Zeh, das Konversationslexikon des Haushunds; an anderer Stelle hatte ich schon mal geschrieben, dass mir ihre früheren Bücher besser gefallen als die letzten) für das typische Frühstücksverhalten des Hundes gibt. Um sein Herrchen/Frauchen sanft in den Tag zu geleiten schiebt dieser Hund seine Schnauze unten den Arm, mit hoher Sicherheit den, der die Tasse hält, und hebt dann seinen Kopf ruckartig an… Mission accomplished, alle wach.

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