Samiotisches Kaffeetagebuch II: vielschichtiges Pythagorion

Auch wenn der Name der Stadt jung ist – bis 1955 hieß der kleine Hafen noch Tigani – auf Schritt und Tritt begegnet man in Pythagorion der Geschichte. Und die war, wie so oft auf griechischem Boden, sehr wechselhaft. Die Liste der Besitzer der Insel Samos ist lang: Attiker, Athener, Spartaner und Makedonen, Perser, Kleruchen, Ptolemäer und Ägypter, schließlich Römer, Byzantiner und danach Osmanen. In der Neuzeit gaben sich Genueser, Venezianer, Türken, Griechen, Russen und am Ende wieder Italiener die Klinke in die Hand, bis sie im September 1943 von Briten besetzt wurde.

Für Bauherren ist das ein Alptraum. Kaum ein Spatenstich gelingt, ohne das man auf irgend etwas historisches aus einer der oben genannten Perioden trifft. Bis der Denkmalschutz eine Baustelle wieder freigibt (wenn überhaupt!) können Jahre vergehen. Es geht das Gerücht, dass Bauarbeiter Prämien bekommen, wenn sie historische Funde „übersehen“. Man kann es verstehen, ist der Ort doch ohnehin voll von Geschichte. Und deren Spuren schichten sich über- und nebeneinander auf engstem Raum.

So wie das kleine Kastro auf dem Hügel über dem Hafen. Der Name der Festung westlich des Hafens von Pythagorion ist untrennbar mit dem griechischen Freiheitskämpfer Lykourgos Logothetis verbunden. Der unter seinem bürgerlichen Namen Georgios Paplomatas weniger bekannte Führer der griechischen Revolution kämpfte hier im Jahre 1824 zusammen mit dem Volk von Samos gegen die Osmanen. Die Festung, heute noch in Teilen sehr gut erhalten und vor einiger Zeit vollkommen restauriert, diente als Verteidigungsanlage im Kampf gegen die Türken. Sie ist ein wichtiges Bauwerk der Geschichte von Samos und heute das Wahrzeichen der Stadt. Vor Jahrtausenden soll hier der Palast des Tyrannen Polykrates gestanden haben.

Gleich daneben die Metamorphosis-Kirche, das größte Gotteshaus von Pythagorion. Es wurde errichtet zum Gedenken an den legendären Triumpf des Logothetis am sechsten August 1824, dem Tag der Verklärung Christi, über das erheblich stärkere türkische Heer. Diesen wundersamen Sieg konnte man sich nur durch das direkte Eingreifen des Herrn erklären. Im Kirchhof steht deshalb auch eines Büste des erfolgreichen Freiheitskämpfers.

Direkt daneben und etwas unterhalb der Kirche ein kleines, frei zugängliches Ausgrabungsgelände, übersäht mit Überresten und Tonscherben unterschiedlichster Epochen. Der Felsen war schon in der Jungsteinzeit besiedelt. Vor Jahrtausenden soll hier der Palast von Polykrates gestanden haben. Jetzt noch erkennbar der Grundriss einer frühchristlichen Basilika und Mauerreste einer byzantinischen Burg. An machen Stellen, hier und anderswo im Ort, kann man gut erkennen, wie das Neue auf den Ruinen des Alten errichtet wurde, es überragte oder mit ihm verschmolz. Oder wie das Antike schlicht als Steinbruch verwendet wurde. Übergänge fließend – wie die Zeit.

Quellen: Wikipedia, insel-samos.net, Samos – Dumont direkt.

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