Kretisches Kaffeetagebuch: Moni Chrysoskalitissa – das Kloster zum goldenen Treppchen

Nach der dunklen Höhle und der Enge der Topolia-Schlucht verlassen wir nun den gebirgigen Teil des Innahorion. Die Hügel werden sanfter, immer öfter öffnen sich Täler und schließlich liegt uns eine Ebene zu Füßen, die sich bis zum Meer erstreckt. Blühender Oleander und Platanen säumen unsere Straße, die nunmehr nur noch als Nebenroute auf unserer Landkarte eingetragen ist. Dieser Landstrich wirkt auf den ersten Blick noch abgeschiedener, als die rauen Berge.

In dieser Abgeschiedenheit liegt das Kloster Chrysoskalitissa malerisch und einsam an Kretas romantischer Süd-Westküste. Seine weißen Mauern scheinen geradewegs aus dem Fels über dem blaugrünen Meer zu wachsen. Ein weiterer sagenhafter Ort. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn dieses Kloster ist geradewegs mit Sagen und Mythen behaftet. Und das fängt schon mit seinem Ursprung an. In seiner heutigen Gestalt als Wehrkloster wurde das Kloster wohl in venezianischer Zeit errichtet – genauere Belege fehlen. Der Kirchenbau stammt aus der Zeit nach 1894. Trotzdem vermutet man, dass das Kloster viel älter ist. Manche meinen es wurde auf den Resten eines minoischen Tempels errichtet. Dafür spricht, dass nahe der Klostermauern die Reste eines minoischen Fischerdorfes gefunden wurden.

Nach der Überlieferung sollen 1527 die Widerstandskämpfer Georgios und Petros Kantanoleon im Kloster, dass ursprünglich dem heiligen Georg geweiht war, begraben sein. Sie wurden nach der Niederschlagung eines Aufstands gegen die Besatzung Venedigs zusammen mit 30 anderen kretischen Adeligen gehängt. Sie gehörten zu den wehrhaften Sfakianern. Die Sfakianer betrachten sich als direkte Nachkommen der Dorer, die um 1100 v. Chr. nach Kreta kamen. Der Klostername Chrysoskalitissa soll daher rühren, dass eine der 98 Stufen, die zur Spitze des Klosters führen, aus Gold sein soll. Daher der Name „Goldenes Treppchen“. Nur der Mensch konnte erkennen welches die goldene Stufe ist, der frei von Sünde ist – nach orthodoxer Lesart also niemand.

Besagte Stufe wurde jedoch angeblich an die Türken verkauft, als diese die vom Sultan auferlegten Steuern zahlten. Die Legende besagt auch, dass zu Ostern 1824, nachdem die Ägypter in Elafonissi ein Massaker an Christen begangen hatten, muslimische Soldaten zum Kloster kamen, um es zu plündern. Am Eingang seien sie von einem Bienenschwarm angegriffen worden, was das Kloster vor der Plünderung bewahrt habe.

Von jeher waren die Mönchen von Chrysoskalitissa eher Menschen der Tat und sie unterstützten den Widerstand, egal ob gegen Osmanen oder Deutsche. Während der türkischen Besetzung hat das Kloster illegal eine Schule für griechische Kinder beherbergt. Während der deutschen Besetzung der Insel beherbergte das Kloster mehrere Widerstandskämpfer, weshalb sich ab 1943 deutsche Soldaten dort niederließen, nachdem sie die Mönche vertrieben hatten. Sobald sich die Deutschen nach Kriegsende zurückzogen, kehrten 1944 Mönche in das Kloster zurück.

Doch einen Platz in der Geschichte Kretas sicherte sich vor allem der Abt des Klosters, als in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar 1907 die Imperatrix, ein Passagierschiff österreichisch-ungarischen Reederei Österreichischer Lloyd, mit 20 Reisenden und 120 Mann Besatzung vor Elafonisi im Sturm auf Grund lief. Beim Versuch Rettungsboote zu Wasser zu lassen starben 40 Besatzungsmitglieder. Die Übrigen saßen zwei Tage an Bord fest. Der Sturm machte die Evakuierung des Schiffes unmöglich.

Erst als der Abt und die Mönche des nahen Klosters Chrysoskalitissa die Rettungsaktion in die Hand nahmen, konnten die verbliebenen Passagiere der Imperatrix gerettet werden. Sie wurden mit Nahrung und Wasser sowie trockener Kleidung versorgt. Unter den Überlebenden waren der Kapitän, der Schiffsarzt, der Chefingenieur und alle Passagiere. Das Schiff wurde zu einem Totalverlust erklärt; bis auf einen kleinen unerheblichen Teil ging die gesamte Ladung verloren.

Auch eher Praxisorientiert ist die Auswahl von Hilfsmitteln im Shop in dem kleinen Folkloremuseum im unteren Teil des Klosters. Eine Krücke für Lahme, Wasserflaschen für Durstige und eine Schale voller Handy-Ladekabel aller Fabrikate für vom Smartphone-Gott verlassene Seelen. Das Kloster ist der Entschlafung der Jungfrau Maria und der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht. Der größte Schatz ist eine eine mit getriebenen Silber ummantelte und mit vielen Votivtäfelchen behängte Marienikone. Und natürlich das „goldene Treppchen“, so es noch da ist. Wer weiß?

Moni Chrisoskalitissis, Kreta, Griechenland; Öffnungszeiten: täglich 09:00 – 18:30 Uhr. Quellen: Wikipedia, ADAC Reiseführer plus Kreta, globetrottel.net.

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