Kretisches Kaffeetagebuch: Phalasarna, der verpasste Hafen

Nicht nur Züge oder Schiffe kann man verpassen, sondern auch Häfen. Zumindest antike Häfen, wie den Hafen Phalasarna auf Kreta. Satt und gut gelaunt hatten wir uns von Kaliviani auf den Weg zu einer Ausgrabungsstätte gemacht. Da wir ja bereits am Vormittag Erfahrungen mit einer Straße gemacht hatten, die nur mit roten Punkten auf der Karte eingetragen ist, vertrauten wir auch diesmal auf unser Glück – und mussten prompt der schlechten Straßenverhältnisse wegen wieder umdrehen.

Über Umwege schlugen wir uns zuerst zum Falasarna Beach durch und erreichten schließlich die gleichnamige Archäologische Ausgrabungsstätte in einem der entlegensten Winkel der der Insel. Vom Strand aus soll man einen Blick auf einen der schönsten Sonnenuntergänge Kretas haben. Jetzt, also außerhalb der Saison, verirren sich außer uns nur Ziegenhirten und die Betreiber einiger Gewächshäuser, in denen hauptsächlich Tomaten, aber auch Bananen gezogen werden, hierher.

Ganz anders in der Antike. Da war Phalasarna einer von zwei Häfen der dorischen Stadt Polyrrhenia, der andere war das heutige Kissamos. Benannt nach einer Nymphe war Phalasarna ein mächtiger und gut befestigter Hafen. Die auf dem Kap Koutri errichtete Akropolis mit dem Tempel der Artemis Diktynna war von der Landseite durch eine Mauer mit quadratischen Bastionen geschützt. Die Stadtmauer ist bis zu einer Höhe von acht Metern erhalten.

Phalasarna besaß einen geschlossenen künstlichen Kriegshafen, in der Antike Kóthon, das bedeutet hoher, bauchiger Krug, genannt, der durch einen Kanal in Richtung Westen mit dem Meer verbunden war. Er wurde in den Ausmaßen von 100 mal 75 Metern aus den Küstenfelsen herausgehauen. Ein zweiter Kanal ermöglichte die Ausfahrt 100 Meter hinter der Nordseite der Akropolis. Als Befestigungsanlage besaß der Hafen vier Türme aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., die teilweise erhalten sind. Haupteinnahmequelle der Polis war wohl die Piraterie.

Beim großen Erdbeben vor Kreta im Jahr 365 n. Chr. hob sich der Boden um sechs bis neun Meter. Das war auch das Ende des Hafens, denn der wurde dadurch trocken gelegt. Sehen konnten wir die Überreste nicht, da wir schlicht zu spät dran waren und die Ausgrabungsstätte schon geschlossen war – atypisch wäre das um 16:00 Uhr gewesen – oder sie hatte noch gar nicht wieder geöffnet. Wir wissen es nicht.

Vergebens war unser kleiner Abstecher allerdings nicht. Wir konnten an der Straße einen in Stein gehauenen „Thronsitz“ bewundern, dessen frühere Funktion allerdings unbekannt ist. Und wir waren alleine mit einer unbeschreiblich schönen, kargen Landschaft. Hinter der Grabung ragen steile Felswände mit bizarren Formationen in den Himmel, schon vor Urzeitung durch eine Hebung des Meeresbodens entstanden. Wir sind beeindruckt von dieser Urgewalt der Natur – verpasst haben wir genau genommen nur einige antiken Gemäuer, die Grundfesten der Hafentürme und wohl recht gut erhaltene Wannen. Diesen Verlust können wir ganz gut verschmerzen.

Quelle: Wikipedia.

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