Kretisches Kaffeetagebuch: Iraklio II – die Altstadt

Die vielleicht prägendste Zeit Iraklios – zumindest architektonisch gesehen – war die venezianische Periode. Mit dem Untergang des byzantinischen Reiches fiel Kreta an die Republik Venedig. Die Stadt Candia, wie Iraklio damals genannt wurde, wurde Residenz des von Venedig eingesetzten Duca, des „Herzogs von Kreta“. Die Stadt wurde zudem Sitz eines römisch-katholischen Erzbischofs. Die von der Markusrepublik neu zusammengesetzte grundbesitzende Aristokratie der Insel musste in der Stadt Candia präsent sein und standesgemäße Wohnsitze unterhalten. Kein Wunder also, wenn man hier nicht nur repräsentative Bauten bewundern kann, sondern auch dem Löwen als Symbol Venedigs auf Schritt und Tritt begegnet.

Angefangen mit dem Morosinibrunnen, auch Löwenbrunnen genannt, im Herzen der Altstadt. 1628 ließ ihn der venezianische Stadthalter Francesco Morisoni auf der von zahlreichen Straßencafés umgebenen Platia Venizelou errichten. Eine überlaufende Wasserschale ruht auf den Rücken von vier Löwen, die ihrerseits Wasser in das wie eine achtblättrige Blüte geformte Brunnenbecken speien. Die Löwen sind übrigens rund 200 Jahre älter als der Brunnen selbst.

Auf der Außenseite des Brunnens erkennt man Reliefs von Meereswesen und Göttern, darunter Europa auf dem Stier. Der Brunnen war Teil der städtischen Trinkwasserversorgung und sozusagen das andere Ende des Aquäduktes, den wir am Vormittag bereits gesehen hatten.

Nur ein paar Schritte von hier liegt die Venezianische Loggia. Der zweigeschossige Bau, 1626–1628 in italienischem Renaissancestil erbaut, war mit ihrem Arkadengang in venezianischer Zeit als Klubhaus und Ballsaal das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens von Candia. Durch die von offenen Rundbögen getragene und mit einer schönen Holzdecke geschmückte Vorhalle gelangt man in einen schmucken, halbrunden Innenhof, der von der Fassade des ehemaligen Zeughauses und heutigem Rathaus begrenzt wird.

Die Agios-Titos Kirche ist nicht weniger geschichtsträchtig. Im Jahr 55 soll sich der Apostel Paulus mit seinem Begleiter Titos auf Kreta aufgehalten haben. In Gortyn, der damaligen Hauptstadt, weihte Paulus Titos zum ersten Bischof von Kreta und beauftragte ihn mit der Missionierung der Insel. Der Überlieferung zufolge ließ Titos eine Bischofskirche bauen. 826 zerstörten die Sarazenen Gortyn. Erst mit der Rückeroberung durch Byzanz kam der Bischofssitz nach Chandax, dem heutigen Iraklio.

Die 962 errichtete Kirche wurde unter den Venezianern römisch-katholisch. 1544 brannte die Kirche vollständig ab, nur die Schädelreliquie des Heiligen Titos konnte gerettet werden. 1669 eroberten die Türken Kreta, die Kirche wurde in eine Moschee umgewandelt. Die Venezianer nahmen die Schädelreliquie des Heiligen Titos nach Venedig mit. Erst 1966 kehrte die Reliquie nach Iraklio und in die Agios-Titos-Kirche zurück, wo sie noch heute ist.

Über die Straße 25th Avgoustou, einer von Geschäften und Gastronomie gesäumten Straße, die sich queer durch die Altstadt zieht, gelangen wir schließlich zum Hafen. Doch davon erzähle ich Euch morgen.


Quellen: Wikipedia, ADAC Reiseführer Kreta.

7 Gedanken zu “Kretisches Kaffeetagebuch: Iraklio II – die Altstadt

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