Kaffeereise: Sarajevo

Einer meiner Lieblingsorte: Sarajevo. Die journalistische Neugier zog mich einst in diesen Winkel Osteuropas, wo sich Orient und Okzident begegnen. Ein toller Ort in einem spannenden Land. Schon aus Tradition fließt hier der Kaffee…

20180430_130541

Der Sommer klebt im April schon an den Hauswänden der Baščaršija, der Altstadt Sarajevos. Es riecht nach gegrilltem Fleisch, aus einem der kleinen Läden tönt Balkan-Pop ungerührt weiter, während von den Minaretten zum Gebet gerufen wird. Massen von Touristen schieben sich zusammen mit ebenso vielen Einheimischen durch die schmalen Gassen. Auf einer Bank neben der Bosanska Kafana Behar sitzen vier Greise und lassen die Karawane an sich vorbeiziehen. Hier, in einem der ältesten Cafés der Stadt gehört es übrigens zum bosnischen Kaffee dazu, das Lokum. Ein kleiner, bunter und meist in Zucker oder Puderzucker gewälzter Würfel.

DSC_0744

Es gibt sie noch, die klassischen orientalisch anmutenden Kaffeehäuser in Bosnien. Hier bekommt man den landestypischen Mokka, immer mit einem Glas Wasser, manchmal auch mit Rahat Lokum. Um sich nicht gleich bei der Bestellung unbeliebt zu machen sollte man besser keinen „turska kafu“ sondern einen „bosanska kafu“ ordern. Kein Unterschied im Produkt, aber ein großer Unterschied in der Weltanschauung. Obwohl, hier in der touristengewohnten Baščaršija, dem osmanisch geprägten Teil der Altstadt, würde man mir diese Unachtsamkeit bestimmt verzeihen.

Die Kafana Behar liegt mitten zwischen Grillbuden, Kupferschmieden und Souvenirläden. An jeder Ecke gibt es Tiegelchen, Tässchen, Kännchen und Tabletts aus Messing, Kupfer oder anderen Metallen, also alles Equipment um den bosnischen Kaffee standesgemäß zu servieren, außerdem alles von Teppichen über Gewürze bis hin zu Obst und Waren des täglichen Bedarfs. Sitzt man im oder besser vor dem Café, dann kann man den ganzen Trubel in Ruhe mit etwas Abstand genießen.

Im Inneren der Kafana Behar scheint die Zeit stehengeblieben zu sein: niedrige Tische, Bänke und Hocker und eine Art Theke, an der vor allem Kaffee gebrüht wird. Übrigens im selben Kupfertöpfchen, wie man es nebenan beim Kupferschmied zu kaufen bekommt. Zusammen mit Mühlen, die – je nach Kundenwunsch – entweder historisch originale und traditionelle Pfeffermühlen oder historisch originale und traditionelle Kaffeemühlen. Man nimmt es halt nicht mit allen Traditionen hier so ganz genau. Mit der des Kaffees Gott sei Dank schon. Hvala Bogu!

20170724_140754

Doch zurück zum Lokum. In der Bravadžiluk zwischen der Vijećnica, der im Krieg ausgebrannten und inzwischen renovierten Nationalbibliothek und der Moschee Baščaršijska džamija liegt die Slatki Butik Vijecnica, wo man eben dieses Rahat Lokum in allen Farben, Geschmäckern und Variationen erwerben kann. Wobei: schmecken tut das Lokum eigentlich vornehmlich süß. Kein Wunder, ist es doch nichts anderes als fest gewordener Sirup mit Stärke. Damit passt es aber ideal zum herben Mocca des Balkans.

DSC_0827

Nachts, wenn die Musik der Bars und Restaurants verstummt und die Hitze des Tages von den Steinmauern abblättert wie alte Farbe, dann brennt immer noch Licht in der Slatki Butik. In dem hell erleuchtetem Laden, in dem es neben dem Lokum auch Eis und Halva gibt, hält eine junge Studentin die Stellung. Sie spricht gutes Englisch und wir decken und mit einem Lokum-Vorrat ein. Als Dank für ein kleines Trinkgeld bekommen wir ein bezauberndes Lächeln. Jetzt müssen wir den Vorrat nur ganz schnell aufbrauchen, um einen Grund zu haben möglichst bald wieder her zu kommen.

Was gilt eigentlich alles als Kaffeehaus? Und wie viele verschiedene Varianten gibt es? Dieser Frage gehen wir morgen in Linz nach.

5 Gedanken zu “Kaffeereise: Sarajevo

Hinterlasse eine Antwort zu Michael Bauer Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..