Seit dem gestrigen Sonntag berät die Farc in Kolumbien darüber, wie man von einer Armee zur einer Partei werden kann. Dieser Schritt ist notwendig um die ehemaligen Kämpfer in ein ziviles Leben zu überführen. Doch nicht alle Kolumbianer sehen den jüngst begonnen Friedensprozess positiv. Zu tief die Verstrickung der Guerilleros in Drogenanbau und -handel. Eine Umstrukturierung zum Kaffeeanbau könnte helfen.
Mit der offiziellen Abgabe ihrer Waffen und Munition erfüllen die Farc die erste Verpflichtung aus dem Friedensplan und stellen den Kampf ein. Die Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo – eine revolutionäre Volksmiliz – kämpfte seit 1964 gegen die kolumbianische Regierung. 8112 Gewehre und 1,3 Millionen Patronen wurden Vertretern der UNO übergeben. Damit konnte der vor einem Jahr mühsam ausgehandelte Friedensvertrag endlich vollständig in Kraft treten.
Jetzt könnte das südamerikanische Land einen Neuanfang machen, wären da nicht die wirtschaftlichen Altlasten. So finanzierten sich die Farc-Rebellen zu einem Gutteil aus Koka-Anbau und Drogenschmuggel. Neben den zahlreichen Ex-Guerilleros, die nun arbeitslos sind, bereiten vor allem die schätzungsweise 200.000 Kokabauern der Regierung in Bogotá Kopfzerbrechen. Der Plan aus Kokabauern Kaffeebauern zu machen mag gut gemeint sein, doch ihn umzusetzen erweist sich als schwierig.
Zum einen ist es in den unwegsamen Gebieten kaum zu kontrollieren, ob die Bauern wirklich von Koka auf Kaffee umgesattelt haben, zum anderen ist der finanzielle Ertrag bei den Kaffeebohnen deutlich geringer. Dazu kommt, dass Kaffee an sich viel schwerer ist, weshalb für den Transport vor allem aus abgelegenen und strukturschwachen Gebieten erst einmal Lösungen gefunden werden müssen. Außerdem dauert es von der Aussaat bis zur ersten Ernte vier Jahre, die es zu überbrücken gilt.
Locken will die Regierung die zuvor illegal agierenden Kokabauern mit einer Amnestie, wenn sie sich mit dem Kaffeeanbau ehrlich machen. Seit Januar läuft ein groß angelegtes Programm, das Koka-Bauern finanziell entschädigen soll, wenn sie statt Kokain Kaffee oder Kakao anbauen. 510 Euro bekommen sie einmalig, dazu das benötigte Saatgut und 280 Euro jeden Monat im ersten Jahr. Im zweiten Jahr betragen die finanziellen Hilfen bis zu 2800 Euro. Rückfälle sind aber programmiert, da trotz der Subventionen die Gewinnspanne mit Kaffee oder Kakao für die Bauern kleiner ist, als wenn sie beim Koka blieben. Zu dem könnten sich Bauern registrieren und Subventionen und Amnestie in Anspruch nehmen, nur um am Ende doch beim lukrativeren Koka-Anbau zu bleiben.
Wasser auf die Mühlen der Gegner des Programms. Für sie ist der Preis, mit dem der Frieden erkauft werden soll, zu hoch. Bis zu fünf Milliarden wurden für das Befriedungs-Projekt veranschlagt. Auch wenn sich bereits 75.000 Bauern registriert haben – die Regierung rechnet mit weiteren 55.000 bis zum Jahresende – wird es viele Geben, die sich solchen Maßnahmen entziehen. Zumal wurden einige der Gebiete, die zuletzt unter der Kontrolle der Farc standen, von anderen bewaffneten Gruppen, wie zum Beispiel der Nationale Befreiungsarmee – der Ejército de Liberación Nacional – übernommen. Hier wird der Drogenanbau und -handel unter neuer Leitung unverändert weitergeführt.
Trotzdem könnte der Kaffee in Kolumbien zum Frieden beitragen. Gelingt es den Kaffee- oder Kakaobauern sich eine neue, gesicherte Existenz aufzubauen, dann könnten für sie die Gründe zur Teilnahme am bewaffneten Kampf und am Drogenhandel wegfallen. Klar ist aber auch, dass es mit Prämien und der Verteilung von Saatgut nicht getan ist. Denn die nun legalen Erträge brauchen Straßen und Infrastruktur – und das kostet wieder Geld. Geld, das woanders im Land fehlt. Und schon jetzt sind über die Hälfte der Kolumbianer gegen einen so teuer erkauften Frieden mit der Farc.
Bis Freitag wollen sie die ehemaligen Farc-Rebellen auf einen Namen für ihre Partei geeinigt haben und ein Parteiprogramm erstellen. Zentrales Anliegen ist die soziale Gerechtigkeit – heute wie damals, als sich die Guerilla in den 1960er-Jahren formierte. Als Protest vor dem Elend der Landbevölkerung hatten sie zu den Waffen gegriffen. Jetzt könnte eine Besserstellung der Farmer und der Wechsel von Koka auf Kaffee den Frieden bereiten.
Bildrechte: readytogo/Fotolia.com