Da trugen sich ja gar heftige Diskussionen in den Kommentarspalten unter meinen Beiträgen zu. Wurde die Kaffeehausliteratur tatsächlich im Kaffeehaus geschrieben? Und: macht Kaffee tatsächlich kreativ? Ich rufe zwei Kronzeugen in den Zeugenstand: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller. Aus Gründen der Höflichkeit lasse ich dem Älteren den Vortritt.
Kreativ war er schon, der Geheimrat, der über 3.000 Werke hinterlassen hat. Nebenbei hatte er noch Zeit für Reisen, wissenschaftliche Studien und für die diversen anderen Jobs, wie Theaterintendant und Minister. Doch war der gebürtige Frankfurter nicht nur ein Workaholic, mit acht Tassen täglich war er auch Coffeeholic. Und die trank er nicht nur daheim. Goethe war ein regelmäßiger Gast in Kaffeehäusern und schätzte die dortige Atmosphäre für seine Arbeit. Er war bekannt für seine Kaffeeliebe und soll täglich mehrere Tassen Kaffee getrunken haben. Es gibt sogar ein Gedicht von ihm, das den Titel „Kaffeehaus“ trägt und seine Wertschätzung für diesen Ort zum Ausdruck bringt.

Goethe nutzte die Atmosphäre und die Menschen in Kaffeehäusern als Inspiration für seine Werke, sowohl für seine literarischen Figuren als auch für seine Beschreibungen des gesellschaftlichen Lebens. In seinen Tagebüchern und Briefen finden sich zahlreiche Notizen und Reflexionen über seine Beobachtungen in Kaffeehäusern, die Einblicke in seine Gedankenwelt und seine Sicht auf die Gesellschaft geben. In seiner „Italienischen Reise“ beschreibt Goethe detailliert, wie er und seine Begleiter die Zeit im Kaffeehaus verbrachten, bevor sie eine Schiffsreise antraten, und wie sie dort die Atmosphäre genossen.
Goethe nutzte Kaffeehäuser nicht nur als Ort zum Entspannen und Genießen, sondern auch als Treffpunkt für geistigen Austausch und Inspiration für seine schriftstellerische Tätigkeit. Er war oft in verschiedenen Kaffeehäusern zu Gast, sowohl in Weimar als auch auf seinen Reisen, und soll dort mit anderen Künstlern und Intellektuellen diskutiert und gearbeitet haben. Ein bekannter Ort, an dem Goethe verkehrte, war das Caffè Greco in Rom, wo er sich mit anderen Künstlern austauschte. Es ist also belegt, dass Kaffeehäuser eine wichtige Rolle in Goethes Leben und Schaffen spielten. Auch im „Arabischen Coffe Baum“ zu Leipzig war er gerne und häufig Gast.

Doch lassen wir den Meister selbst zu Wort kommen. Der Meister hielt Kaffee nämlich so wichtig, dass er ihn auch mehrfach in seinem Werk erwähnte. In diesem Fall ein kurzes, satirisches Gedicht, das sich mit dem damals modernen Phänomen des Kaffeetrinkens auseinandersetzt. Goethe kritisiert in dem Gedicht die schnelle und oberflächliche Art und Weise, wie die Menschen ihren Kaffee konsumieren.
Hier ist der Text des Gedichts:
Kaffeehaus
Will der Jüngling dem Übel entgehn,
Sich selbst nicht verderben,
So trinkt er Kaffee,
Und eilt von dannen.
Will der Jüngling dem Übel entgehn, sich selbst nicht verderben,
So studier‘ er die Menschen, doch nur im Kaffeehaus.
Sind mir seltne Geschöpfe, sie sind so klug als bedürftig;
Regten sich emsig und rasch Mädchen des süßen Gesangs.
Und in den Venezianischen Epigrammen von 1790 finden sich die Zeilen:
»Kaffee wollen wir trinken, mein Fremder!« – Da meint sie branlieren;
Hab ich doch, Freunde, mit Recht immer den Kaffee gehaßt.
»Seid Ihr ein Fremder, mein Herr? bewohnt Ihr Venedig?« so fragten
Zwei Lazerten, die mich in die Spelunke gelockt.
Ratet! – »Ihr seid ein Franzos! ein Napolitaner!« Sie schwatzten
Hin und wieder, und schnell schlürften sie Kaffee hinein.
»Tun wir etwas!« sagte die Schönste, sie setzte die Tasse
Nieder, ich fühlte sogleich ihre geschäftige Hand.
Sacht ergriff ich und hielte sie fest; da streckte die zweite
Zierliche Fingerchen aus, und ich verwehrt es auch ihr.
»Ach, es ist ein Fremder!« so riefen sie beide; sie scherzten,
Baten Geschenke sich aus, die ich, doch sparsam, verlieh.
Drauf bezeichneten sie mir die entferntere Wohnung
Und zu dem wärmeren Spiel spätere Stunden der Nacht.
Kannten diese Geschöpfe sogleich den Fremden am Weigern,
O so wißt ihr, warum blaß der Venetier schleicht.
Noch kein Beweis? Für morgen habe ich noch einen Zeugen!
Bildrechte: Bild von Engin Akyurt auf Pixabay, Wikipedia/gemeinfrei (2x).
Stell dir vor: Goethe ohne Kaffee und die Literatur ohne Faust und Wilhelm Meister .. Wie diese Bohne doch den Geist beflügelt, doch wer keinen hat, dem hilft sie auch leider nicht ..
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Auch wieder wahr. Ohne Geist keine Flügel. Auch nicht mit Red Bull!
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PS: Ich wollte sagen: Durch Kaffee wird die Kreativität verstärkt, WENN sie denn vorhanden ist. Deshalb fiel auch ein Testversuch diesbezüglich negativ aus, denn wer sich solchen Tests unterzieht, das kann kein kreativer Geist sein ..
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Interessanter Lösungsansatz.
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Das ist wie bei Umfragen. Je nach gewünschtem Ergebnis fragt man eben nur bestimmte Leute.
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Ich finde Cafes auch sehr inspirierend. Wenn es günstig ist, arbeite ich auch gerne dort.
Leider nur gibt es immer weniger dieser klassischen Cafes. Die meisten sind mittlerweile total durchgestylt und steril. Sie sind auf Konsumoptimierung aufgebaut: Trink deinen Kaffee und räume dann den Platz möglichst schnell.
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Das Problem ist, dass sich diese Form der Gastronomie für die Betreiber oft kaum noch lohnt. Nicht zuletzt deshalb ist das klassische Café vom Aussterben bedroht.
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💛
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❤️
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