Kaffeereise: Colmar

Markthallen sind immer eine sichere Bank für ein gute Frühstück! Egal ob in Palma de Mallorca, Budapest oder eben im elsässischen Colmar. Wer aus dem Vollen schöpfen möchte, der findet hier eine Auswahl, hinter der jedes Frühstücksbuffet in den besten Hotels verblasst.

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Die Markthalle von Colmar – der Marche couvert –  in der Krutenau, Touristen heute besser bekannt als klein Venedig. Hier wird die Altstadt von einem Stadtbach und mehreren Kanälen durchzogen. Das, und der Umstand, dass hier reger Bootsverkehr herrscht, verpasste der „Kräuter-Aue“ den Umsatz trächtigen Beinamen Petite Venise. Hier lebten und Wirkten früher Schiffer und Fischer, wie die Straßennamen heute noch verraten. Kein Wundere, dass die pittoreske Umgebung des „überdachten Marktes“ zu den beliebtesten Fotomotiven gehört.

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Die Markthallen selbst, ein Ziegelbau aus der Zeit der späten Industriellen Revolution mit einer Eisenkonstruktion als Dachstuhl, diente mehreren Zwecken, hat sich dann aber als ständiger Markt etabliert. Nicht nur Touristen, auch viele Einheimische kommen zum Einkauf hierher. Wer auf einen Blick sehen möchte, was die Region Elsas zu bieten hat, der wird hier fündig.

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Im Eck vor dem Ausgang zur Rue des Écoles, beziehungsweise zum Quai de la Poissonnerie, zum Fischerufer, befindet sich das Bistro des Halles und das Café 1924 (davon später mehr!), von dem aus sich das geschäftige Markt-Treiben entspannt bei einer Tasse Café crème beobachten lässt.

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So gestärkt kann man sich in das Touristen-Gewühle stürzen. Doch bevor wir weiter in die Altstadt von Colmar eindringen, werfen wir einen kurzen Blick ins alte Fischer-Viertel. Dort am Quai de la Poissonnerie finden sich nicht nur begehrte Fotomotive, sondern auch ein kleiner Chocolatier, beziehungsweise Plätzchenbäcker. Neben Pralinen gibt es die Macarons, eine Plätzchenart, die derzeit auch deutsche Bäckereischaufenster erobert. Der Duft, der durch die Gassen zieht, ist unwiderstehlich. Überhaupt finden sich kleine, verführerische Läden überall in der Colmarer Altstadt.

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Über die Rue des Écoles kommen wir zur Rue du Conseil Souverain, der wir am Marché aux Fleurs, dem ehemaligen Blumenmarkt, zum Marché aux Fruits, dem ehemaligen Fruchtmarkt. An der Ecke zur Rue des Tanneurs finden wir das Café à l’Ancienne Douane, das Café am alten Zoll. Der historische Ancienne Douane war im Mittelalter ein Lagerhaus für die steuerpflichtige Produkte und ist heute – nach jahrzehntelanger Zwischennutzung als Kaufhaus – ein gutes Restaurant.

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Das Café selbst ist eher klein und unscheinbar, verfügt aber über eine riesige Freifläche mit jeder Menge Nachmittagssonne – ideal für einen Zwischenstopp auf unserer kleinen Altstadt-Tour. Im Hintergrund singt ein Schülerchor mittelalterliche französische Madrigale – sie Sammeln Geld für ihre Klassenfahrt – alle paar Minuten kommt eine kleine Bahn mit Touristen vorbei. Dass die Altstadt ansonsten für den Verkehr so gut wie gesperrt ist, tut ihr gut.

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Colmar begann seinen Aufstieg Ende des neunten Jahrhunderts. Staufer-Kaiser Friedrich II. erhob Colmar zur Freien Reichsstadt. Mit dem Beginn der Neuzeit begann eine Periode wechselnder Herrschaft. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt von Schweden besetzt, 1679 wieder französisch und 1871 Elsass-Lothringen und damit dem Deutschen Reich zugeschlagen. Die Zeit bis zum Ende des zweiten Weltkriegs bleibt wechselhaft und geprägt von verschiedensten Ansprüchen, durchmischt mit Autonomiebestrebungen bis hin zum Separatismus. Heute ist Colmar die Hauptstadt des Départements Haut-Rhin in der Region Grand Est und die gehört zu Frankreich.

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Über die Grand Rue, der ehemaligen Haupt- und Durchgangsstraße Colmars, und die Rue de l’Église kommen wir zum Collégiale Saint-Martin, zum Martinsmünster und damit nicht nur zum Herzen der Stadt, sondern auch zum Zentrum katholischen Lebens. Die Kirche beherrscht nicht nur das Stadtbild, sie ist auch der bedeutendste gotische Bau im ganzen Département, der ehrfurchtsvoll auch heute noch Cathédrale Saint-Martin genannt wird.

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Am Nordende des Kirchplatzes, auf dem wie seit Alters her ein kleiner Markt gastiert, finden wir das Jupiler Café. Es teilt das Schicksal vieler Cafés in bester Lage: es ist schwer überlaufen. Das ebenso fleißige wie freundliche Personal kann noch so schnell laufen, dem Ansturm bei voll besetzter Sonnen-Terrasse kann man kaum Herr werden. Dabei hat das Jupiler einiges zu bieten. Neben Kaffee und Frühstück auch eine gute elsässische Küche.

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Wurde das Management von dem sonnigen Wetter überrascht? Ein Blick an die Bar, wo die Kellnerinnen und Kellner die Getränke fassen, lässt nicht gerade den Schluss zu das Café könnte mehr Personal vertragen. Und trotzdem leidet ein Besuch unter der Hektik, der ständigen Überforderung des Personals und der Unart der Besucher, ihre Tische zu verwüsten. Wir wünschten uns die Zeit einmal wieder hierher zu kommen, wenn weniger los ist. Am Vormittag könnte das funktionieren.

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Durch die Altstadt meandern wir uns weiter durch Richtung Norden mit dem Ziel des Place des Unterlinden. Vorbei am kleinsten Haus der Stadt. Zwei Zimmer auf zwei Stockwerken mit gerade einmal 25 Quadratmetern Wohnfläche und Zugang über den Hof. Man dieses Haus einfach auf einen Vorsprung des gelben Hauses darunter gesetzt. Wenn das bei unserer Wohnungsknappheit Schule macht.

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Wer durch Colmar streift, der findet Unmengen möglicher Lieblingsplätze. Das, was unseren modernen Großstädten mangelt, gibt es hier im Übermaß. In Malaysia wurde deshalb ein Nachbau der Colmarer Altstadt errichtet, das Bukit Tinggi Resort Colmartropicale Bentong. Bei aller Liebe: an das Original kann es nicht heranreichen.

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Das Musée d’Unterlinden beherrbergt übrigens den berühmten Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Auch sonst kann das Museum im ehemaligen Unterlinden-Kloster mit Werken alter Meister Protzen, darunter den beiden älteren Lucas Cranach und Hans Holbein. Wir haben hier das Ende unseres kleinen Colmar-Exkurses erreicht. Und das letzte Café des Tages. Wir begegnen hier wieder der Jahreszahl 1924, wie auch schon in den Markthallen.

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Dahinter verbirgt sich eine Colmarer Kaffeerösterei mit einer überschaubaren Zahl von Dependancen im Stadtgebiet. Der Name übrigens rührt von der Unternehmens-Gründung, denn es war im Jahr 1924, als der erste Laden unter dem Namen „Cafés Au Bon Nègre“ seine Türen auf dem Place du Marché aux Fruits öffnete. Neben frisch gerösteten Kaffeebohnen gibt es allerlei Kaffee-Untensilien, von der French Press bis zur Kaffeemaschine, sowie eine beachtliche Auswahl von Tee und von belgischer Schokolade. Wir aber widerstehen der Versuchung und lassen bei einem letzten Café crème den schönen und koffeinhaltigen Tag Revue passieren.

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Morgen trinken wir einen typisch orientalischen Mokka und lernen das Lokum-Mädchen kennen, auf unserer Reise nach Bosnien.

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