Athener Kaffee-Tagebuch: Monastiraki – Römische Agora – Plaka

Machen wir uns auf eine Reise durch drei Jahrtausende! Nirgends in Athen sind die verschiedensten Stadtviertel auf so engem Raum gedrängt. Und jedes repräsentiert ein anderes Zeitalter. Dass wir heute diese Vielfalt erleben dürfen, verdanken wir unter anderem auch König Otto I. von Griechenland und seinem Baumeister Leo von Klenze. Ihnen ist es zuzurechnen, dass als 1834 Athen zur Hauptstadt des neuen griechischen Königreichs ernannt wurde, das Gelände nördlich der Akropolis nicht komplett eingeebnet wurde, um Platz für repräsentative Gebäude zu schaffen. Und auch die Sicherung und Erhaltung antiker Bauten war eine Idee von Otto I.

Dabei läuft diese Reise durch die Jahrtausende nicht geordnet ab. Die Zeugnisse verschiedener Epochen stehen und liegen hier neben-, durch- und übereinander. Vielleicht ist es gerade diese Mischung, die den Zauber dieser Viertel ausmachen, in denen man sich überall wähnt, nur nicht im Zentrum einer ansonsten doch recht modernen Metropole. Übrigens sind das auch die einzigen Viertel der Stadt, die während der letzten 3.000 Jahre durchgängig bewohnt waren. Antike, türkischer Basar, Provinz und griechisches Bergdorf – all das ist hier vertreten. Doch der – geographischen – Reihe nach…

Meine Tour beginnt in Monastiraki, genauer gesagt an der gleichnamigen U-Bahnstation. Die Platia Monastirakiou gilt nicht nur als das Tor zur Plaka, hier treffen auch die zwei Hauptachsen der Altstadt, die Odos Athinas und die Odos Ermou, aufeinander. Und wie seit der Antike pulsiert hier das Leben. Zur türkischen Besatzungszeit war hier das wirtschaftliche, gesellschaftlich und politische Leben konzentriert. Die Tzisdaraki-Moschee, die neben dem Bahnhofsgebäude den Platz bestimmt, ist ein Relikt dieser Periode. 1890 war hier der Endbahnhof der „Elektriki“, der heutigen Metro-Linie 1 nach Piräus.

Schon die Flüchtlinge aus Kleinasien machten in den 1920er Jahren aus dem Viertel eine Art Open-Air-Gebrauchtwaren- und Trödel-Markt. Diese Basaratmosphäre hat sich bis heute erhalten. Auf Schritt und Tritt findet man hier Stände, Läden und Geschäfte aller Art, die Richtung der griechischen Agora von Tavernen, Restaurants und Cafés abgelöst werden. Eine quirlige Gegend – und das fast rund um die Uhr.

Direkt neben dem Bahnhof die Ruinen der Hadrians-Bibliothek. Die einstige Größe des Bauwerks, das der römische Kaiser 132 v. Chr. in Auftrag gab, lässt sich nur noch erahnen. Wie gigantisch und eindrucksvoll es einmal gewesen sein muss, beschreibt der Reisehistoriker Pausanias in seinen Schriften. Die Bibliothek hatte vier Flügel, die um einen zentralen Hof angeordnet waren. Mit 122 m x 82 m war der Bau für damalige Verhältnisse unerhört groß.

Erhalten sind heute neben den Grundmauern auch Teile der Außenwand und des Propylon, des Eingangstores der Bibliothek. Zum Komplex gehörte ein Trakt mit Nischen für die Buchrollen, Lesesäle, Auditorien und Wandelhallen. Ein Zentrum für die geistige Elite der damaligen Zeit. Von hier sind es nur wenige Schritte zur Römischen Agora, von der es mehr zu sehen gibt, als von der einstigen Bibliothek.

Korrekter wäre es von einem Forum zu sprechen, denn der von Säulenhallen umgebene Hof ist die römische Weiterentwicklung der griechischen Agora. Im Gegensatz zum griechischen Vorbild war dieser Bau allerdings nicht über die Zeit gewachsen, sondern in einen Guss geplant und errichtet. Das wirtschaftliche Zentrum verlagerte sich von der älteren, der Griechischen Agora zur Römischen, während der alte Ort politisch und religiös von Bedeutung blieb. Jedenfalls bis nach verheerenden Angriffen der Heruler eine Stadtmauer errichtet wurde und die alte Agora plötzlich draußen lag und so ihre Rolle einbüßte.

Durch das Tor der Athena Archegetes betritt man die Römische Agora. Die Säulenhallen umrahmten eine Fläche von 111 m x 98 m, den sogenannten Peristyl-Hof. Hier lagen die Verkaufsstände, Läden und Vorratsräume. Die verbliebenen Säulen lassen die einstige Größe der Anlage erahnen. Da ich das Areal fast für mich alleine habe, fällt es mir leicht mich in die damalige Zeit zu versetzen und mir das Geschrei der Marktleute vorzustellen. Die Erinnerung an den Varvakios-Markt ist noch frisch!

Am besten erhalten ist der „Turm der Winde“, ein achteckiger Turm von 13 m Höhe. Im 1. Jahrhundert v. Chr. errichtete hier der Astronom Andronikos aus Kyrrhos in Makedonien ein kleines Weltwunder. An der Außenwand befanden sich Sonnenuhren, im Inneren aber eine – genauere – Klepshydra, einer für die damalige Zeit erstaunliche Wasseruhr, weshalb der Bau in der Antike „Horologion des Andronikos“, also „Uhr des Andronikos“ genannt wurde. Damals war hier der „offizielle“ Zeitmesser der Stadt.

Seinen heutigen Namen, „Turm der Winde“, hat er von dem Relief auf dem oberen Fries, dass die Windgötter darstellt. Auf jeder der acht Seiten befindet sich das Abbild eines Windgottes: Boreas im Norden, Skiron im Nordwesten, Zephyros im Westen, Lips im Südwesten, Notos im Süden, Euros im Südosten, Apeliotes im Osten und schließlich Kaikias im Nordosten. Von der Zeit der türkischen Besatzung hingegen kündet nur noch eine Mauer mit einer Inschrift. De Turm hingegen ist für seine 2.00 Jahre erstaunlich gut erhalten.

Direkt angrenzend die Plaka – das alte Athen. Das Viertel schmiegt sich an den Nordhang der Akropolis und ist wohl das Zentrum der ältesten Besiedlung der Stadt. Der Stadtteil und seine Bausubstanz können auf eine Kontinuität bis in die Antike zurückblicken. Viele Häuser haben Grundmauern aus der Antike, wenn auch die Fassaden zumeist aus dem 18. Jahrhundert stammen, als die türkische Oberschicht das Viertel für sich entdeckte. Bis zur modernen Stadtplanung des frühen 19. Jahrhunderts bildete sie den Kern der Stadt Athen. 1840 lebten noch 19.000 Menschen in der Altstadt. Danach wandelte sich die Plaka zum Tavernenviertel, das in allen gesellschaftlichen Schichten gleich beliebt war.

1834, als Athen zur Hauptstadt wurde, gab es Pläne die gesamte Plaka zu Gunsten einer archäologischen Zone abzureißen. Nicht zuletzt Dank einer Intervention des bayerischen Königs Ludwig I. wurde davon Abstand genommen. Vielmehr gab es einen Kompromiss, dem nur etwa 350 Häuser auf dem Ausgrabungsgelände der Griechischen Agora zum Opfer vielen. Aber die gehörten schon zum Nachbarviertel Vlassarou – die Plaka war also gerettet.

So hat sich ein Ort mit seinem ganz eigenen Charme erhalten. Nach der Wiedergeburt Griechenlands errichteten Handwerker hier ihre Hütten. Ihnen folgten Wohlhabende, die klassizistische Villen beisteuerten, die das Bild bis heute prägen, genau wie die zahlreichen Treppen, an denen sich Tavernen und Cafés angesiedelt haben. Der beste Ort um auf dieser Tour ein wenig zu verschnaufen. Meint Ihr nicht auch?

Quellen: Wikipedia, Dumont direkt Athen, Reise Know-How Citytrip Athen, Merian Live Athen.

7 Gedanken zu “Athener Kaffee-Tagebuch: Monastiraki – Römische Agora – Plaka

  1. Dankeschön für diesen so schönen Bericht über Athen und auch alles wesentlich interessante dort, was auch sofort wieder wunderschöne Erinnerungen an meinen Besuch in Athen vor vielen Jahren hervorruft Tom! Hab auch deine Bilder hier grad sehr genossen!
    Liebe Grüße, Hanne

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