Nach nur zehn Minuten Bahnfahrt war ich in Füssen. Schließlich liegt die letzte Station, der Bahnhof Weizern-Hopfenau, geradezu vor den Toren der Stadt. Angekommen geht es für mich erstmal ein paar Schritte durch die Altstadt. Über die Bahnhofsstraße komme ich zum Prinzregentenplatz und von dort in die Fußgängerzone, die in Füssen passender Weise die Bezeichnung „Reichenstraße“ trägt!

Füssens Wurzeln reichen bis in die Römerzeit zurück. Der Ort entwickelte sich an der von Norditalien nach Augsburg führenden Römerstraße Via Claudia Augusta, die Kaiser Claudius um 50 nach Christus anlegen ließ. Hier befand sich nicht nur das Nachschublager der III. Italischen Legion, vermutlich gab es hier auch eine der zahlreichen Raststätten entlang der Römerstraße. Was auch zum Namen des Ortes geführt haben könnte: Foetibus oder Foetes, wie Füssen zur Römerzeit genannt wird, als Latinisierung des germanischen fot für Fuß, was sich auf die Lage zu den Füßen der Berge bezieht.

Die Altstadt hat ihre mittelalterliche Struktur zum Teil erhalten können. Verschlungene Straßen und verwinkelte Gassen lassen auf das damalige Stadtbild schließen. Zwei Gebäude fallen mir bei meinem kleinen Rundgang besonders auf: die Stadtapotheke in der Reichenstraße und die Spitalskirche Heilig Geist; beide zeichnen sich durch eine besonders sorgfältige Bemalung aus. Obwohl kein Einzelfall – ich komme gleich dazu!

Überragt wird Füssen vom Hohen Schloss, einer Burg, die es hätte gar nicht geben dürfen. Schon im achten Jahrhundert gründeten Mönche das Kloster Sankt Mang. Steine des früheren Römerkastells dürften in den Klostermauern verbaut worden sein. Allerdings mussten sich die Mönche damals dazu verpflichten weder ein weltliches Bauwerk auf dem Hügel zu errichten, noch ihn jemals an einen weltlichen Herrscher zu veräußern.

Ende des zwölften Jahrhunderts versuchte der Herzog von Bayern und Pfalzgraf bei Rhein Ludwig II., genannt der Strenge, Füssen seinem Herrschaftsbereich einzuverleiben. Hilfreich war, dass der letzte Staufer Konradin die Vogtei regelwidrig an sein Onkel, eben diesen Ludwig II., verpfändet hatte. Der mächtige Onkel wollte nun seinen Anspruch mit einer stattlichen Burg nicht nur sinnbildlich zu untermauern. Im Jahre 1292 kam es nach heftigen Auseinandersetzungen zu einem Vergleich, bei dem der Herzog auf die Burg und den Ausbau weiterer Befestigungen in der Region verzichtete.

Im 19. Jahrhundert wurde die Burg teilweise renoviert, denn der bayerische Kronprinz Maximilian sollte es als Sommerresidenz nutzen, der entschied sich jedoch für das damals komfortablere Schloss Hohenschwangau. Das Hohe Schloss wurde zwischenzeitlich als Amtsgericht nebst eigenem Gefängnis genutzt. Heute beherbergt die Burg eine Filialgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und einige Räume des örtlichen Finanzamtes.

Bemerkenswert sind die illusionistischen Architekturmalereien, die Erker, Wimperge, Filialen, Fenster Eckquaderungen und sogar Hakenbüschen vortäuschen sollen. Sie datieren auf das Jahr 1499, seit dem die Burg ihre äußere Form nicht mehr nennenswert verändert hat. Das Hohe Schloss konnte seine spätgotische Baugestalt im Wesentlichen bis heute bewahren. Die Burg, einst Teil der Stadtbefestigung, verfügt über einen Bergfried im Westen, einen Nord- und einen Südflügel, einen Torturm an der Ostseite und ein Vortor zum Kloster Sankt Mang hin.

Der Bergfried ist durch kurze Verbindungsbauten mit den Seitenflügeln verbunden. Über dem Nordosteck liegt der Storchenturm, der ursprünglich „Hohes Haus“ genannt wurde. Die Westseite trennt ein mächtiger, aus dem Fels geschlagener Halsgraben vom Hinterland, wo sich heute der Stadtpark Baumgarten befindet. Dahinter schützten der „Hohe Stock“ und der halbrund ausspringende Bergfried die Angriffsseite, die noch durch einen Zwinger verstärkt wird.

Trotz der zahlreichen Um- und Einbauten sind noch einige bemerkenswerte Innenräume erhalten geblieben. Zu nennen wären da die zwei Franzosenzimmer mit spätgotischen Holzdecken, sowie der Rittersaal im zweiten Stock mit seiner spätgotischen, farbig gefassten Schnitzdecke mit figürlichen Halbreliefs. Auch die Burgkapelle ist gut erhalten und wurde aufwendig restauriert. Zahlreiche kleinere Zimmer haben sich ebenfalls ihre Balken- oder Stuckdecken, Kachelöfen, Portale oder Fenstergewände bewahrt, sind jedoch nicht immer öffentlich zugänglich – wie das gesamte Innenleben der Burg an diesem Tag.

Frei war dagegen der Zutritt in die Klosterkirche Sankt Mang. Das Barock-Kloster wurde 1652 bis 1717 errichtet. Dabei gelang es aus dem unregelmäßig gewachsenen Mittelalterbau eine repräsentative, symmetrisch angeordneten Klosteranlage zu gestalten. Die Umgestaltung der mittelalterlichen Basilika in eine nach venezianischen Vorbildern gestaltete Barockkirche sollte zum architektonischen Symbol der Verehrung des heiligen Magnus werden, der hier gelebt und gewirkt haben soll und bis heute die spirituelle Grundlage des Klosters bildet. Das Kirchengebäude stellt ein monumentales Reliquiar des Heiligen dar.

Nach so viel Geschichte habe ich mir ein zweites Stück Kuchen verdient, oder? Auf dem Weg zur Altstadt ist mir bereits ein entsprechendes Café förmlich ins Auge gesprungen. Doch davon morgen mehr…