Dinzler-Kaffee unter Palmen

Wo sonst um diese Jahreszeit die Bierzelte aufgebaut werden, herrscht heuer gähnende Leere. Die Sonne brennt unbarmherzig auf die Wenigen herab, die sich an einem der heißesten Tage dieses Sommers auf der verwaisten Theresienwiese eingefunden haben. Von „Kunst im Quadrat“ weht der Soundcheck herüber. Einige Scateborder trainieren neue Tricks – nur die Bavaria schaut ihnen zu. Drei Bauarbeiter in Orange flicken Löcher mit Teer. Wie Inseln im Nirgendwo ragen das Corona-Testzentrum, ein Bierstand, eine Kaffee-Alm und ein Kartoffelimbiss aus der Hitze heraus. Von Ferne braust der Verkehr und ab und an ein Martinshorn. Mann ist Mitten in München und doch weit weg.

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„Sommer in der Stadt“ heißt das Programm, eine Art Zwischending aus Notprogramm für Schausteller und Bespaßung Daheimgebliebener, doch während sich im Olympiapark, am Mariahilf- und am Königsplatz die Karusselle und Riesenräder drehen, scheint man bei diesem Konjunkturprogramm die Festwiese fast vergessen zu haben.

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Zu Unrecht! Auf der Westend-Seite der Theresienwiese wird auf 50 mal 50 Metern „Kunst im Quadrat“ angeboten – eine Mischung aus Kultur, Musik, Workshops und Gastro. An der Marias-Pschorr-Straße Richtung Esperanto-Platz gibt es den Palmengarten und dazwischen drei unerschrockene Gastronomen. Die Liegestühle von Green City, die man auf den Pressefotos noch ganz deutlich erkennen kann, müssen wohl größtenteils den Weg in die Gärten und auf die Balkone der Münchner gefunden haben. Ich entdecke nur noch ganz wenige davon. Macht nichts! Im Sand sitzt es sich eh viel besser unter Palmen! Karibik? Braucht man nicht. Dort gibt es wahrscheinlich eh keinen Kaffee vom Dinzler!

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Den kriege ich aber in der Kaffee-Alm und – gegen Pfand versteht sich – sogar im umweltfreundlichen Porzellan. Auch wenn der Chef dafür selber spülen muss. Sonst findet man den Stand auf der „Oiden Wiesn“, auf der Dult oder auf anderen Volksfesten. Dann auch mit Personal. Jetzt schmeißt der Chef den Laden alleine, sonst rentiert es nicht. „Es ist besser als nichts“, sagt er. Und: „Man darf sich halt nicht unterkriegen lassen!“. Miete verlangt die Stadt nicht, nur Strom und Wasser muss er bezahlen.

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Neben leckeren Kaffee vom Dinzler gibt es kalte Getränke, Eiskaffee und Crepes – also alles, was man brauchen könnte, wenn man es sich unter den Palmen gemütlich machen möchte. Und so mache ich mich mit meinem Cappuccino auf den kurzen Weg von der Kaffee-Alm zu meiner Palme. Kinder hüpfen auf Trampolinen, ein Mann mit braungebranntem, nackten Oberkörper macht Klimmzüge an einer Stange. Angeber! Ab 19:00 Uhr gibt es hier „Fit im Park“ mit Kickboxen, Bodystyling oder Zumba.

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Der Zugang zum Palmengarten ist übrigens zeitlich unbegrenzt. Vielleicht fehlen deshalb so viele Liegestühle. Die Kaffee-Alm hat in der Regel so zwischen 12:00 und 20:00 Uhr geöffnet, wie die anderen Stände auch. Vorläufig ist der Betrieb bis zum Ende der Sommerferien – also bis 6.9.2020 geplant, man überlegt aber das Angebot bis zum 4.10.2020 zu verlängern. Da wäre das Oktoberfest zu Ende gegangen.

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Toms Fazit: Ich werde in den nächsten Wochen öfter mal bei der Kaffee-Alm und im Palmengarten vorbeischauen. Nicht nur dem Taxigewerbe oder dem Wirt an der Ecke geht es schlecht, gerade die Schausteller und Imbissanbieter brauchen uns jetzt. Und wer wegen Corona eher eine Umgebung sucht, bei der einem das Abstandhalten leicht fällt, der ist hier optimal aufgehoben! Und Dinzler-Kaffee unter Palmen! Wo sonst auf der Welt gibt es das?

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Kaffee-Alm, Marias-Pschorr-Straße, Theresienwiese, München-Isarvorstadt; Öffnungszeiten: in der Regel zwischen 12:00 – 20:00 Uhr.

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