Nach dem etwas misslungen Start ging es nun darum, das Beste aus der Situation zu machen. Meine Reiseplanung war Makulatur, die Vorstellungen bezüglich Vermiet-Preise eines lokal ansässigen Rollerverleihs geradezu unverschämt und das mit dem Mietwagen hatte sich ja erledigt. Auf der Haben-Seite hatte ich allerdings schönes und warmes Wetter, ein Zimmer mit Kühlschrank und Aussicht aufs Meer und ich war in Olbia, also an einem Ort, den das sardische Frendenverkehrsamt so beschreibt:
„Olbia ist eine muntere Stadt im Nordosten Sardiniens. Wer hier mit Flugzeug oder Fähre landet, ist mittendrin im mediterranen Lebensgefühl: Kleine, verwinkelte Gassen wechseln sich ab mit schicken Shoppingangeboten – und in der Bucht von Olbia warten idyllische Traumstrände.“ Auf Ab-in-den-Urlaub heißt es: „Mit etwa 60.000 Einwohnern ist Olbia die viertgrößte Stadt auf Sardinien. (…) Olbia begeistert seine Gäste mit provinziellem Charme, was gerade für die Altstadt gilt. Sie ist geprägt von verschlungenen Gässchen und bunten Häusern. Verbindet einen Schaufensterbummel mit einem Päuschen in einem der Cafés oder Restaurants.“

Mediterranes Lebensgefühl? Provinzieller Charme? Päuschen in einem Café? Da bin ich richtig! Also der ideale Zeitpunkt für eine kleine Bestandsaufnahme, was die Kleinstadt an Cafés zu bieten hat. In der Tat ist es schwieriger hier kein schönes Café zu finden, als in einem solchen zu landen. Sitzen blieb ich das erste Mal im Cafè Matteotti an der namensgebenden Piazza Giacomo Matteotti. Hier ist man tatsächlich schon etwas abseits der größten Touristenströme. Und hier sitzt man im Inbegriff eines italienischen Cafés.

Das Café liegt an der Ecke zur Via Regina Elena und kann von zwei Seiten betreten werden. Im Inneren erfreut als erstes die klassische Einrichtung: eine Theke aus Holz und Marmor mit einer ansehnlichen Bar, eine professionelle, italienische Kaffeemaschine und große Vitrinen gefüllt mit Tramenzini, Sandwitches und allerlei süßem Gebäck. Die Bestuhlung ist im Kaffeehaus-Stil und lädt zum Verweilen ein. Trotzdem zog es mich nach draußen in die Sonne. An beiden Flanken sind Stühle und Tische aufgebaut, doch entschied ich mich für einen Tisch Richtung Piazza, wo ein Brunnen mit unbekleideten Jungfrauen murmelnd vor sich hinplätscherte.

Ich entschied mich für einen Espresso und ein Bombolone, ein süßes Bachwerk gefüllt mit Vanillepudding. Die Bedienung war freundlich und schnell, das Bombolone lecker und der Espresso kräftig. So stelle ich mir Italien vor! Zeit, sich die anderen Gäste etwas anzusehen. Neben einigen wenigen Touristen vor allem Einheimische. An einer Art Stammtisch wechselte die Besetzung ständig, einer zahlte und ging, ein anderer kam vorbei und setzte sich auf den eben freigewordenen Platz, die Unterhaltung war wort- und vor allem gestenreich und vor allem laut. An einem anderen Tisch gab es wohl etwas zu feiern, es wurde eine Flasche Sekt mit lautem Knall geöffnet und dann in einem silbernen Kühler geparkt.

Auffällig für mich: der sardisch-italienische Mittelstand, den ich hier unterstelle, trägt gerne schicke Kleidung, die Damen mit Rock und Bluse, die Herren im farbenfrohen Anzug mit Einstecktuch. Diesem Typus der Einheimischen sollte ich hier noch öfters begegnen. Dazwischen der typische Tourist mit kurzen Hosen und Badeschlappen. Kein Vergleich! Da war ich über mein nicht-touristisches Outfit regelrecht erleichter…
Café Matteotti, Via Regina Elena, 2, Olbia, Sardinien, Italien, Öffnungszeiten: Montag – Samstag 6:30 – 2:00 Uhr, Sonntag geschlossen.